Die Ökonomin Birgit Moser-Plautz erklärt, wo bei der Verteilung von Förderungen auch Genderaspekte beachtet werden müssen. Es fehlen klare Regelungen der Budgetierung.
Es heißt „das“ Budget und ist daher weder männlich noch weiblich. Trotzdem ist kein Budget genderneutral, denn ein Haushaltsplan hat immer Auswirkungen auf die Menschen, die Gelder erhalten und geförderte Einrichtungen nutzen. „Bei Gender Budgeting geht es darum, Gleichstellungsaspekte systematisch in der Budgetierung zu berücksichtigen“, erklärt Birgit Moser-Plautz, Vorständin des Instituts für Öffentliche Betriebswirtschaftslehre der Uni Klagenfurt. „Wie werden öffentliche Einnahmen und Ausgaben generiert?“, fragt sie. „Dabei sollten sich Verantwortliche gut überlegen, welche Auswirkungen ihre Entscheidungen für die Bevölkerung haben.“
Es macht für eine Gemeinde einen Unterschied, ob das Budget für einen neuen Kindergarten verwendet wird, für den Bau eines Fußballstadions, eine Busanbindung oder für die Feuerwehr. „Gender Budgeting soll aufzeigen, wer von Investitionen profitiert, und die Wirkung der Förderungen sichtbar machen“, sagt die 34-Jährige. Auf Bundesebene sind solche Wirkungsziele klar definiert: In der „wirkungsorientierten Budgetierung“ ist seit der Reform 2013 festgeschrieben, dass Gleichstellungsziele erreicht werden müssen. Das „Wirkungsmonitoring“ ist öffentlich einsehbar, Kennzahlen und Berichte legen Rechenschaft ab gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern.
Nationalratsdebatten durchforstet
In ihrer Dissertation, die mit dem Europa-Preis des Landes Kärnten und dem steirischen Josef-Krainer-Förderungspreis ausgezeichnet wurde, erforschte Moser-Plautz, ob und wie Gender Budgeting in den Budget-Debatten des Nationalrats vorkommt. In den stenografischen Mitschriften der Redebeiträge suchte sie nach Schlagwörtern, um den Einsatz für Genderaspekte zu messen. „Das wenig überraschende Ergebnis war, dass es meist Frauen sind, die Genderaspekte betonen. Sehr wohl überrascht hat mich, dass dies unabhängig von der Partei ist: Es gibt Gender-Budgeting-Advokatinnen im ganzen Spektrum der politischen Landschaft“, sagt Moser-Plautz.
Ihr aktuelles Projekt wird vom Jubiläumsfonds der Oesterreichischen Nationalbank gefördert und blickt auf eine Lücke im System: In der Ebene der Gemeinden und Länder fehlt bisher eine wirkungsorientierte Budgetierung, und Gelder werden teils ohne Berücksichtigung der Auswirkungen verteilt.
„Dabei besagt eine Verfassungsbestimmung in Österreich, dass Bund, Länder und Gemeinden in der Haushaltsführung die Gleichstellung anstreben sollen“, betont die Wahlkärntnerin. Weil aber außer für den Bund die Ausgestaltung dieser Verfassungsbestimmung fehlt, will Moser-Plautz nun für Gemeinden und Länder untersuchen, wer sich um Gender Budgeting kümmert. Einen Teil der insgesamt 2093 Gemeinden in Österreich will sie dabei genauer ansehen und Leitlinien der Budgetvergabe durchforsten, um herauszufinden, ob Instrumente des Gender Budgeting wirken. So plant Moser-Plautz, Transparenz und Rechenschaft in die Budgetverteilung zu bringen.
Den vorigen Sommer verbrachte Moser-Plautz in Washington, D.C. am Wilson Center direkt neben dem Weißen Haus. Als erste Österreicherin, die mit einem Austrian-Marshall-Plan-Stipendium an diese Forschungsstelle des US-Kongresses kam, verglich sie, wie stark die Coronakrise die Digitalisierung der Verwaltung beeinflusst hat. „Österreich und die USA haben sehr unterschiedliche Verwaltungs- und Rechtstraditionen. Ich konnte zeigen, dass die Digitalisierung in vielen Bereichen vorangetrieben wurde“, sagt Moser-Plautz. Das österreichische Legalitätsprinzip, nach dem jede Veränderung ein eigenes Gesetz braucht, hat im Vergleich zur USA jedoch bremsend gewirkt.
Nach der Dissertation hat sie ein knappes Jahr am Landesrechnungshof Kärnten gearbeitet: „Weil die Karriereperspektiven in der Forschung sehr begrenzt sind. Doch zum Glück wurde dann in meinem Institut eine Laufbahnstelle ausgeschrieben, und ich bin sehr froh, dass ich genommen wurde.“ Den Kopf frei von der Arbeit bekommt Moser-Plautz beim Wandern, Skifahren und Reisen mit ihrem Mann – und auch, wenn zu Hause die Katze auf die Couch kommt.
ZUR PERSON
Birgit Moser-Plautz (34) studierte an der Uni Klagenfurt Angewandte Betriebswirtschaftslehre und Wirtschaft und Recht. Ihre Dissertation gewann mehrere Preise. Seit Jänner steht sie dem Institut für Öffentliche Betriebswirtschaftslehre vor. Sie arbeitete an Projekten in den USA (Boston, Washington, D.C.), Frankreich (Rennes), China (Peking, Shanghai) und Belgien (Antwerpen).
Alle Beiträge unter: www.diepresse.com/jungeforschung
("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.03.2022)