Verkehr

Schadstoffbelastung: 1500 Sterbefälle in Wien vermeidbar

Die Presse/Clemens Fabry
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Die derzeitige Verkehrssituation hat durch Lärm, Schadstoffe und wenig Bewegung der Bevölkerung enorme negative Auswirkungen auf die Gesundheit - von Lungenkrebs bis Übergewicht. Vieles wäre leicht vermeidbar, sagt Umweltmediziner Hans-Peter Hutter.

Verminderte Lungenfunktion, höheres Asthmarisiko, Lungenkrebs, Atemwegsinfekte, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, verringerte Fitness, Übergewicht, beeinträchtige Gehirnfunktion bis hin zu einem möglicherweise erhöhtem Risiko, an Alzheimer zu erkranken - die derzeitige Verkehrslage hat enorme negative Auswirkungen auf die Gesundheit. Durch Lärm, Feinstaubbelastung und Unfälle werden enorme Schäden verursacht, hieß es bei einer Pressekonferenz des Verkehrsklubs Österreichs (VCÖ) am Dienstag. „Es gibt viele Effekte, die man überhaupt nicht am Radar hat“, bestätigte auch der Umweltmediziner Hans-Peter Hutter von der Med Uni Wien.

Schon allein die Schadstoffbelastung führe zu jährlich Hunderten zusätzlichen Todesfällen, rechnete der VCÖ vor. Selbst im Coronajahr 2020 lag die Schadstoffbelastung in Österreich deutlich über den von der WHO empfohlenen Richtwerten (die EU hat andere, weiter gefasste Richtwerte). Würde man die WHO-Richtwerte für Feinstaub und Stickstoffoxid einhalten, könnten allein in Wien 1500 Todesfälle jährlich vermieden werden, sagte VCÖ-Expertin Lina Mosshammer. "Auch geringe Luftverschmutzung ist schlecht für den Körper, vor allem wenn Schadstoffe Tag für Tag eingeatmet werden. Schon lange haben Ärzteorganisationen darauf hingewiesen, dass die gesetzlichen Vorgaben zu Feinstaub und Stickstoffdioxid zu lasch sind", so Hutter.

In den Städten sind die negativen Folgen der Schadstoffe des Verkehrs besonders groß, vor allem entlang stark befahrener Straßen, wie etwa Stadteinfahrten. Die Schadstoffe beeinträchtigen die Atemwege, die Lungenfunktion und das Herz-Kreislauf-System. Deshalb seien verstärkte Maßnahmen nötig, die die Verkehrsbelastung stark reduzieren, auch um den Verkehrslärm zu verringern, der ebenfalls Auswirkungen auf die Gesundheit hat.

Tempo 30 die Lösung?

Ein zentrales Mittel dafür wäre ein durchgehendes Tempo 30 in den Städten, so der VCÖ. Tempo 30 statt 50 wirke auf das menschliche Ohr wie eine Halbierung der Verkehrsmenge, sagt Mosshammer. Elektroautos können übrigens nur bis Tempo 30 ihren Vorteil leiser zu sein ausspielen. Zudem fördere eine Verkehrsberuhigung alternative Mobilität, wie etwa das Radfahren.

Denn abgesehen von Lärm und Schadstoffen hat der Autoverkehr auch Auswirkungen darauf, wie viel sich die Bevölkerung im Alltag bewegt. Übergewicht sei ein wachsendes Problem, vor allem bei Kindern, sagt Hutter. „Je älter die Kinder werden, desto weniger bewegen sie sich.“

Veränderte Mobilität und ein Umstieg vom Auto auf Radfahren und Fußgehen leiste einen wichtigen Beitrag zur Förderung der Gesundheit. Hutter spricht von einer „Win-win-win-Situation": „Mehr Bewegung ist gesundheitsfördernd, eine Vorsorge für den Klima- und Umweltschutz und spart noch dazu Kosten“, so Hutter.

Denn auch der CO2-Ausstoß durch den Verkehr und die negativen Effekte auf die Klimaveränderung müsse in die Rechnung miteinbezogen werden. Schon jetzt leide die Bevölkerung durch Hitze im Sommer, inklusive der negativen Folgen auf die Gesundheit. Während es in Wien zwischen 1981 und 2010 im Schnitt pro Jahr 15 Hitzetage mit Temperaturen von 30 Grad Celsius oder mehr gab, waren es zwischen 2011 und 2021 bereits 28. Diese werden sich in Zukunft noch vermehren.

Problemstellen

Der VCÖ sammelt in ganz Österreich Problemstellen, wo gefühlter Lärm und die Schadstoffbelastung besonders hoch sind und gibt diese an Gemeinden und Entscheidungsträger weiter. Bis Ende März kann die Bevölkerung noch Einträge machen:

>> map.vcoe.at/problemstellen

(twi/APA)

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