Morgenglosse

Hurra, endlich wird wieder enteignet!

Ist das eine Freude in den digitalen Kathedralen! Es darf wieder ungeniert „Enteignet Sie!“ geschrien werden. Und diesmal gibt es sogar uneingeschränkten Applaus.

Als in London Aktivisten die Luxuswohnung der Familie Deripaska stürmten und besetzten, wurden sie sogar vom Londoner Bürgermeister dafür extra gelobt. Er könne sich das auch für andere verdächtige Immobilien vorstellen, sagte der Labour-Politiker Sadiq Khan. Den reichen Oligarchen wegnehmen und dort ukrainische Flüchtlinge einquartieren, ist doch eine tolle Idee, oder?

Ja, die Menschen in der Ukraine verdienen unsere volle Solidarität und der Angriffskrieg Russlands ist durch nichts zu rechtfertigen. Aber man wird halt bei all der Enteignungs-Euphorie den Verdacht nicht los, dass es weniger darum geht, Wirtschaftssanktionen gegen Kreml-treue Geschäftsleute umzusetzen. Es klingt vielmehr danach, Enteignung als adäquates Mittel zu legitimieren.  Als Mittel gegen jene, die nicht ins eigene Weltbild passen.

Es gibt klare Richtlinien, wie die Sanktionen umzusetzen sind. Aber Selbstjustiz und Hausbesetzung gehören erstens nicht dazu, und sollten zweitens nicht auch noch von hochrangigen Politikern bejubelt werden.

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