Nach vier Wellen an Maßnahmen gegen Russlands Regimestützen und ausgewählte Wirtschaftssektoren steht die Union nun vor dem Problem, dass die logische nächste Sanktionsstufe die Wirtschaftskrise beschleunigen würde.
Drei Wochen Krieg in der Ukraine und zunehmender Brutalität der russischen Angriffe auf Zivilisten haben den Flugverkehr zwischen der EU und Russland komplett eingefroren, die gegenseitigen Handelsströme fast zum Versiegen gebracht und zu Szenen der Mangelwirtschaft in russischen Supermärkten geführt, die an das Ende der UdSSR erinnern. Doch während die EU-Botschafter und Sanktionsexperten der Mitgliedstaaten, der Europäischen Kommission und des Auswärtigen Dienstes der EU darüber brüten, welche Oligarchen und Propagandisten des Regimes von Präsident Wladimir Putin im Zuge des fünften Sanktionspakets Einreiseverbote und Vermögenssperren zu befürchten haben, und welche restlichen Teile der russischen Volkswirtschaft von der EU isoliert werden, wird ein Umstand zusehends deutlicher: Den logischen nächsten und wirksamsten Schritt gegen den Kreml, nämlich ein Embargo gegen russisches Rohöl und Erdgas, werden die Europäer auf absehbare Zeit nicht wagen.
China hat keine Skrupel
Zwei Befürchtungen tragen dieses Nein zu einem Stopp für Öl und Gas. Erstens nimmt man in Brüssel und in einer Mehrzahl der 27 Regierungskanzleien an, dass ein Embargo auf Öl die Preise für sämtliche Ölprodukte rasant schnell steigen lassen würden. Das ist angesichts der ohnehin schon äußerst prekären Situation, in der sich viele Haushalte in Europa durch den Anstieg der Energiepreise befinden, politisches Dynamit. In Nordfrankreich beispielsweise besetzten Demonstranten jüngst tagelang ein Treibstofflager, um gegen die hohen Preise an den Zapfsäulen zu protestieren.