Israilow-Prozess: "Ich wollte nur helfen"

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IsrailowProzess wollte helfen(c) Clemens Fabry
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Am dritten Prozess-Tag wurde der Drittangeklagte vernommen. Der 31-Jährige präsentierte sich dem Gericht als "Unschuldslamm".

Dritter Verhandlungstag im Prozess um den am 13. Jänner 2009 in Wien-Floridsdorf erschossenen tschetschenischen Flüchtling Umar Israilow: Am Donnerstag wurde der Drittangeklagte Turpal-Ali Y. befragt, der laut Anklage erst am Vorabend der Bluttat angeworben worden war und dann gemeinsam mit dem flüchtigen Letscha B. Israilow überwältigen und entführen sollte.

Der Drittangeklagte präsentierte sich den Geschworenen als unwissend. Er sei zu Israilows Adresse gefahren, weil ihn der Zweitangeklagte Suleyman D. darum gebeten habe: "Die Tschetschenen sind ein kleines Volk, da hilft man sich gegenseitig." Er habe keine Ahnung gehabt, was geplant war.

Am Ziel angelangt, habe er im Auto abgewartet: "Man hat mir gesagt, ein Mann wird kommen", so der 31-Jährige. Letscha B. und der Hauptangeklagte Otto K., die sich ebenfalls in der Leopoldauer Straße aufhielten, wären ihm bis dahin völlig unbekannt gewesen: "Ich wollte mich in die Angelegenheiten dieser Männer nicht einmischen. Ich wollte nur helfen." Er sei nicht bewaffnet gewesen.

Angeklagter: "Wollte weg"

Nach einer längeren Wartezeit sei er aus dem Wagen ausgestiegen und sei "spazieren gegangen". Da habe ihn sein Bruder angerufen und ihm aufgetragen, ihm sofort bei der Reparatur eines Autos behilflich zu sein. "Ich wollte weg. Ich habe das den Männern sagen wollen. Ich bin sie suchen gegangen. Ich habe sie nicht gefunden."

In diesem Moment habe er Schüsse vernommen, "und Letscha ist mir entgegengelaufen. Nachdem ich gesehen habe, er läuft, habe ich verstanden, es wird geschossen". Er habe es mit der Angst zu tun bekommen und sei diesem daher hinterhergerannt. Letscha habe sich plötzlich seine Jacke ausgezogen und ihm eine Pistole zugeworfen, behauptete Turpal-Ali Y.: "Ich habe die Pistole gesehen, weiter Angst bekommen und die Pistole in eine Mülltonne geworfen. Mein Hauptziel war, so schnell wie möglich von dort wegzufahren." Letscha B. habe ihn in ein geparktes Auto gestoßen und die Initiative ergriffen. "Ich wusste nicht, was ich tun soll. Ich dachte, er (Letscha B., Anm.) ist nicht ganz normal. Ich dachte, dass er auch auf mich schießen kann", so Turpal-Ali Y.

Staatsanwalt Leopold Bien glaubt beweisen zu können, dass Turpal-Ali Y. in den Plan, Israilow zu entführen, eingeweiht war und dazu bestimmt wurde, diesen zu überwältigen. Der Versuch, sich des 27-Jährigen zu bemächtigen, schlug jedoch fehl, worauf der 31-Jährige und Letscha B. laut Anklage Pistolen zogen und mehrere Schüsse auf Israilow abgaben. Dieser wurde von drei Projektilen getroffen. In Letscha B., dem es gelungen war, sich nach der Bluttat nach Tschetschenien abzusetzen, sieht Bien den Todesschützen. 

Wie Weihnachten und Ostern

Anschließend wurden mehrere Zeugen der Bluttat befragt. Aus Sicherheitsgründen traten diese anonymisiert in den Zeugenstand, während ihrer Befragung wurden außerdem die Angeklagten aus dem Verhandlungssaal gebracht. Einer glaubte, in Turpal-Ali Y. jenen Mann wieder zu erkennen, der mit einer Pistole in der Hand die Leopoldauer Straße entlanggelaufen war und dabei repetiert haben soll: "Aber nicht mit hundertprozentiger Sicherheit. Er hat eine Mütze aufg'habt und eine dicke Jacke angehabt." Ein weiterer Zeuge glaubte, dass da ein Film gedreht werde: "Ich bin langsamer g'fahren, weil ich mir gedacht hab', das kann ja nicht sein, dass ich als kleiner Mann zu so was dazu komm. Das ist wie Weihnachten und Ostern zusammen."

(APA)

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