Literatur

Auf welchem Planeten seid ihr?

Zoë Jennys
Zoë JennysIzaquiel Tomé
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In Zoë Jennys Roman „Der verschwundene Mond“ untersucht ein Astrophysiker ferne Orte im Weltall. Währenddessen kommt ihm seine Familie mehr und mehr abhanden.

Karl Schwarzschild und der Ereignishorizont, FU-Orionis-Ausbrüche, Urmaterie, Exoplaneten, Quanteneffekte, das Hubble- und das James-Webb-Teleskop, der Lagrange-Punkt, Sagittarius A*, Orion, Pegasus, Kassiopeia – all diese für viele wahrscheinlich bekannten, aber nicht vertrauten Begriffe kommen in Zoë Jennys neuem Roman „Der verschwundene Mond“ vor. Denn das Kernthema des Romans – es ist seit dem überaus erfolgreichen Romandebüt „Das Blütenstaubzimmer“ (1997), das Jenny erst 23-jährig vorgelegt hat, ihr fünfter Roman in deutscher Sprache (einen hat sie auf Englisch verfasst) – ist nichts Geringeres als der Kosmos, könnte man sagen. Wobei Kosmos hier durchaus weitgefasst zu verstehen ist, nicht nur als Synonym für das Weltall, sondern in seinem ursprünglichen Wortsinn einer „Ordnung“ ganz allgemein. Denn das ist, was dieser kurze, nur 126-seitige Roman eigentlich tut: Er offenbart nach und nach die „Lebensordnung“ der Hauptfigur, eines Astrophysikers mit Forschungsschwerpunkt Exoplaneten.

Zum Lebenskosmos von Marty, Leiter des Astronomischen Instituts in Wien mit Schweizer Wurzeln (wie Jenny selbst, die heute auch bei Wien lebt), gehören nicht nur sein Institut und ein besonderes Interesse für vagabundierende, „verlorene“ Planeten – woraus man bereits einiges über Martys Charakter herauslesen könnte –, sondern auch seine Familie: seine Frau Marlene und die gemeinsame Tochter Stella. Doch die Beziehung zu beiden ist problematisch geworden, Martys Lebensordnung wirkt von Anfang an fragil. Allerdings – und das ist das Interessante am Text – ist diese Fragilität eine vage, innerliche, und sie hat gerade deshalb etwas Bedrohliches, weil sie sich dem Verstand – oder genauer: Martys Verstand, aus dessen Sicht der Roman erzählt ist – entzieht.

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