Immobilienmanagement

Für die Zukunft planen

Wer als Immobilienmanager oder -entwickler arbeiten möchte, benötigt Wissen über Wirtschaft, Recht und Architektur hinaus.
Wer als Immobilienmanager oder -entwickler arbeiten möchte, benötigt Wissen über Wirtschaft, Recht und Architektur hinaus. Getty Images/iStockphoto
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Nachhaltige Gebäude zu entwickeln und zu bauen ist das Gebot der Stunde und kann jetzt an diversen Universitäten erlernt werden.

Knapp 40 Prozent des gesamten Energieverbrauchs und 36 Prozent der Kohlendioxidemissionen in der EU gehen auf das Konto von Bau und Betrieb von Immobilien. Die EU greift nun ein und entwickelte eine Taxonomie, mit der Immobilien künftig nach sogenannten ESG-Richtlinien (Environmental, Social, Governance) bewertet werden müssen. Hintergrund ist das Erreichen der Klimaneutralität in der EU bis 2050. Immobilienentwickler, Architekten, Raumplaner, Bauingenieure und Ziviltechniker müssen also rasch handeln, denn ohne Einhaltung der ESG-Richtlinien können Projekte künftig nicht ins Portfolio aufgenommen werden. Das gilt nicht nur für Neuprojekte, sondern auch für die Revitalisierung von Bestandsimmobilien.

Visionäres Denken gefragt

„Es geht nicht nur um die Energieeffizienz. Wir müssen es schaffen, die Lebensdauer der Immobilien zu verdoppeln oder zu verdreifachen“, sagt Erwin Soravia, Chef des gleichnamigen Immobilienkonzerns. Bei Soravia sind derzeit 3,9 Milliarden Euro Projektvolumen in Entwicklung. Dafür beschäftigt der Immobilienentwickler einen eigenen Nachhaltigkeitsmanager und schult seine Mitarbeiter in der hauseigenen Akademie laufend weiter – Vorträge werden von Experten aus Architektur, der Zentralanstalt für Meteorologie, Raumplaner und Professoren einschlägiger Universitäten gehalten.

Geplant ist eine Kooperation zwischen Soravia und der FH Kärnten, die ab Herbst mit dem neuen Masterstudiengang Sustainable Real Estate Management startet. Neben umfassenden Kenntnissen in den Bereichen Wirtschaft, Architektur, Recht und traditioneller Immobilienprojektentwicklung liegt der Fokus des neuen berufsbegleitenden Studiums auf neuen Technologien, Infrastrukturplanung und Mobilität. Die vier Semester sind in neun Blockwochen unterteilt und finden abwechselnd in Kärnten, Wien und einmalig in Form einer Exkursion nach Frankfurt statt. Das Studium schließt mit einem Master of Science in Engineering ab.

Was unterscheidet die Ausbildung zum gewöhnlichen Immobilienentwickler von jener zum nachhaltigen Immobilienmanager? Ein Blick auf den Lehrplan der FH Kärnten zeigt: der Fokus auf soziologische Fächer, Zukunftsforschung, die CO2-Neutralität im Bau und in der Bewirtschaftung von Immobilien und natürlich die ESG-Richtlinien. Es sei unabdingbar, dass Immobilienmanager und Immobilienprojektentwickler der Zukunft visionär im Sinne der Nachhaltigkeit agieren, meint Daniel Bednarzek, Studiengangsleiter von Sustainable Real Estate Management. „Die Einhaltung der ESG-Richtlinien hat oberste Priorität.“

Unter nachhaltigen Immobilienprojekten sind einerseits hybride Bauten zu verstehen, bei denen die Funktionen gemischt oder verändert werden können – zum Beispiel eine Immobilie, die zugleich als Hotel, als Büro oder als Wohnraum dienen kann. Zum anderen sind Gebäude gemeint, bei denen der Fokus auf hybriden Bauweisen liegt, etwa die Materialien Holz und Beton kombiniert werden. Mit acht Prozent der CO2-Emissionen gilt die Zementproduktion als weltweit größter Klimasünder. „Die Auswahl eines nachhaltigen Baustoffs ist der größte Hebel“, sagt Soravia.

Fokus auf Lebenszyklus

Der postgraduale Master Nachhaltiges Bauen der beiden technischen Universitäten in Wien und in Graz legt wohl auch deshalb einen großen Schwerpunkt auf das Thema Bauen. Im Studium behandelte Themen beinhalten die Umweltwirkungen von Baumaßnahmen, Abfall- und Stoffmanagement, thermische Gebäudeoptimierung sowie nachhaltige Wasserver- und -entsorgung. Der Lehrgang richtet sich an Planer aus dem Bausektor, Auftraggeber und Investoren sowie Projektentwickler und Mitarbeiter der öffentlichen Verwaltung. Abgeschlossen wird nach zwei Semestern mit einem Zertifikat der beiden TU oder aber nach vier Semestern mit dem Master of Engineering. Vortragende sind unter anderem Architekten, Ziviltechniker und Experten für Energie- und Umwelttechnik. „Unsere Teilnehmer kommen von Unternehmen aus der Bau- und Immobilienbranche. Genauso wie unsere Vortragenden“, sagt Marlina Paternostro, Programm Managerin der TU Wien und Graz. Die Kosten belaufen sich bei diesem Universitätslehrgang auf 18.000 Euro für den Master of Engineering und auf 10.000 Euro für das Zertifikat, bei der FH Kärnten auf 363,36 Euro pro Semester.

Allen Lehrgängen gemein ist der Fokus auf die gesamten Lebenszykluskosten eines Gebäudes. Darunter versteht man die Summe aller Kosten, die ein Gebäude während seiner gesamten Lebensdauer verursacht. Also nicht nur Bau- und Projekterrichtungskosten, sondern auch die Nutzungskosten für den Betrieb der Immobilie, Renovierungskosten bis hin zum Abriss und Neubau. Ebendiese Kosten zu minimieren ist ein vorrangiges Nachhaltigkeitsziel, das auch dadurch erreicht wird, dass jedes Bauteil mit dementsprechenden Lebenszykluskosten hinterlegt ist. Die Österreichische Gesellschaft für Nachhaltige Immoblienwirtschaft (ÖGNI) bestimmt hierzulande, wann ein Gebäude nachhaltig ist, und hat schon eine Reihe von Audits nach den ESG-Standards durchgeführt. Die sogenannten zertifizierten Blue Buildings sind Gebäude, bei denen über den gesamten Lebenszyklus hinweg alle Säulen der Nachhaltigkeit, Ökonomie, Ökologie, aber auch die Prozessqualität, die technische Qualität und der Standort betrachtet werden.

Die ÖGNI bildet auch selbst Experten für nachhaltiges Bauen aus und vermittelt je nach Kurs theoretisches Grund- oder Expertenwissen rund um das Thema Nachhaltiges Bauen. Auch die Ausbildung zum ÖGNI-Auditor wird angeboten. Wer den Studiengang von TU Wien und Graz absolviert, ist nach zwei Semestern jedoch bereits befugt, als ÖGNI-Auditor Zertifizierungen durchzuführen.

Web: www.fh-kaernten.at , www.tuwien.at , www.tugraz.at , www.ogni.at

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