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Zehn Milliarden mehr fürs Heer? Das Parlament weiß nichts davon

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SymbolbildDie Presse, Clemens Fabry
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Das Bundesheer soll angesichts des Ukraine-Krieges einen zehn Milliarden Euro schweren Fonds erhalten. Eine Gasreserve soll erstmals im November zur Verfügung stehen.

Gibt es bereits ein fertig geschnürtes Milliardenpaket für das Bundesheer? Das legten Artikel der „Kronen Zeitung“ und des „Kurier“ am Donnerstag nahe: Demnach soll erstens ein zehn Milliarden Euro schwerer "Neutralitätsfonds" für die nächsten Jahre eingerichtet werden, mit dem der Investitionsrückstau der letzten Jahrzehnte abgebaut wird. Und zweitens das Regelbudget des Verteidigungsministeriums bis 2027 auf 1,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts angehoben werden.

Das fordere Ministerin Klaudia Tanner (ÖVP). Sie habe ihr Paket gemeinsam mit Generalstabschef Robert Brieger in einer Unterredung mit den Wehrsprechern aller Parteien am Donnerstag präsentiert. Die „Presse“ fragte bei den Wehrsprechern der Opposition nach. Sie verneinten das. Es habe zwar ein Treffen gegeben, sagt Douglas Hoyos von den Neos. Und man sei auch einvernehmlich dafür gewesen, dass es mehr Geld für das Bundesheer brauche.

Aber: „Ich habe das so verstanden, dass wir uns auf einen gemeinsamen Prozess verständigen.“ Wenn es um die nationale Sicherheit handle und so viel Geld im Spiel sei, müssten alle Parteien gemeinsam überlegen, wie es damit weitergehe. Auch Reinhard Bösch (FPÖ) erzählt: „Von Zahlen war überhaupt keine Rede“. Und Robert Laimer (SPÖ) ärgert sich: „Endlich wird einmal über eine Gesamtstrategie gesprochen. Es wurde zu Beginn noch gesagt. Heute reden wir nicht über solche Zahlen, wir wollen eine Gesamtstrategie entwickeln. Und das wird jetzt mit solchen Bledheiten konterkariert.“

Auch David Stögmüller, Wehrsprecher der Grünen, kann das Paket nicht bestätigen: „Die Verhandlungen haben noch nicht einmal begonnen.“ Und im Büro von Tanner heißt es: Fixiert sei noch gar nichts, es gebe eben laufend Gespräche. Über einzelne Pakete und das Budget müsse man noch reden. Die Infos aus den Berichten würden nicht vom Ministerinnenbüro stammen. Im Hintergrund vermuten manche allerdings, dass Tanner mit der Meldung sozusagen Nägel mit Köpfen machen wollte.

Was geplant sein könne

Worum geht es genau? Mit dem "Neutralitätspaket" würde - sofern es das Parlament passiert - ein bisher nie da gewesenes Verteidigungsbudget erreicht werden, das dem in den vergangenen Jahrzehnten stark reduzierten Bundesheer neuen Handlungsspielraum eröffnen würde. 1,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes wären um die sechs Milliarden Euro im Jahr. Derzeit liegt das Heeresbudget bei 0,6 Prozent des BIP beziehungsweise 2,7 Mrd. Euro. Zum Vergleich: Zum Höhepunkt des Kalten Krieges lag das Verteidigungsbudget bei knapp 1,2 Prozent des BIP. Selbst eine Verankerung im Verfassungsrang steht zur Debatte.

Dieses Ziel soll mittels parteiübergreifendem Schulterschluss erreicht werden, die meisten Parteien äußerten sich zuletzt sehr wohlwollend gegenüber einer signifikanten Budgeterhöhung.

Strategische Gasreserve wird angeschafft

Außerdem soll eine strategische Gasreserve angeschafft werden. Der entsprechende Beschluss soll heute Abend im Nationalrat mit Zwei-Drittel-Mehrheit erfolgen. Über Details wurde bis zuletzt verhandelt, allerdings gilt bereits als fix, dass sich die Höhe der Reserve an der im Jänner an Netzbenutzer abgegebenen Gasmenge bemisst.

Erstmals soll die Gasreserve im November zur Verfügung stehen. Finanziert wird sie über den Bund. Beschaffen werden die Vorräte via Gasbörse oder im Rahmen einer Ausschreibung über den Verteilergebietsmanager. Noch in Diskussion sind Details, etwa ob die Regelung nach wenigen Jahren wieder auslaufen soll. Zu erwarten ist jedoch, dass neben der Koalition wohl beide potenziellen Zwei-Drittel-Mehrheit-Beschaffer, also SPÖ und FPÖ, zustimmen dürften.

(ib/APA)

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