"Es ist vorbei": ORF-Kommunikationschef tritt zurück

vorbei ORFKommunikationschef tritt zurueck
vorbei ORFKommunikationschef tritt zurueck(c) APA/HERBERT NEUBAUER (HERBERT NEUBAUER)
  • Drucken

Der nächste Abgang im ORF: Kommunikationssprecher Pius Strobl hat seinen Rücktritt bekannt gegeben. Auslöser war eine Abhöraktion beim Stiftungsrat. Er gilt als engster Vertrauter von ORF-Chef Wrabetz.

Der Kommunikationssprecher des ORF tritt zurück: Pius Strobl hat diese Entscheidung heute Mittag bei einer Pressekonferenz am Küniglberg bekannt gegeben: "Ich trete mit sofortiger Wirkung zurück." Er ziehe die Konsequenzen aus der Causa und scheide "mit sofortiger Wirkung" aus dem ORF aus, so der 54-Jährige. Er hatte sich zuvor bei "Presse"-Medienjournalisten mit den Worten "Es ist vorbei" gemeldet.

Hintergrund ist die Affäre rund um Mitschnitte von Gesprächen zwischen Journalisten und ORF-Direktoren bei der jüngsten Stiftungsratssitzung, die Strobl angeordnet hatte. Der Kommunikationssprecher selbst hat sich für die Aktion bereits vor mehreren Tagen entschuldigt.

Die ''Abhöraffäre''

Ursprung des jüngsten Wirbels in der ORF-Geschäftsführung war eine Mitarbeiterin des ORF, die vor dem Stiftungsratssaal am Donnerstag, dem 11. November, im Auftrag Strobls Gespräche von Journalisten mit Direktoren mitgeschnitten hatte.

Strobl rechtfertigte dies in einer ersten Reaktion am Wochenende damit , dass man "eine Art Stimmungsbericht" für die Kollegen in den Bundesländern habe machen wollen. "Alle Aufnahmen wurden vernichtet, nachdem ich gehört hatte, was passiert ist", so Strobl.

Wrabetz' engster Vertrauter

Mit Strobls Rücktritt verliert ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz seinen wohl wichtigsten Mitstreiter und engsten Vertrauten. Strobl galt als "Mann fürs Grobe". Zu Journalisten pflegte er ein enges Verhältnis. Von Kritikern im ORF wurde er wegen seiner Rolle als "Überbringer der schlechten Botschaft" für das negative Image des Senders verantwortlich gemacht. Er hielt seinem Chef aber extern und intern oft den Rücken frei.

"Was mich in den vergangenen Tagen betroffen gemacht hat, war nicht der öffentliche Druck. Den muss man in dem Geschäft aushalten", sagte Strobl bei der Pressekonferenz am Freitag. "Was mich betroffen gemacht hat, waren manche Aussagen und Zeilen, als würde man mir das Schlimmste zutrauen."

Rückzug "weil ich Selbstachtung habe"

Er bezeichnete seinen Rücktritt als "richtigen Schritt". Die Entscheidung sei "nicht einfach" und "sehr traurig" gewesen. Dass er gehen werde, sei ihm bereits seit einigen Tagen klar gewesen. Er habe sich gemeinsam mit seiner Frau und den Kindern für den Rückzug entschieden - "weil ich Selbstachtung habe".

Pius Strobl: ''Niemand hat mich gefragt, wie war das eigentlich, was sagst Du dazu''
Pius Strobl: ''Niemand hat mich gefragt, wie war das eigentlich, was sagst Du dazu''APA/HERBERT NEUBAUER

Die Abhör-Aktion bezeichnete Strobl als "unglückseligen Vorfall". Sie sei "fehlerhaft" gewesen und "aus Überforderung" entstanden. Er übernehme dafür die Verantwortung. Strobl "wollte O-Töne der Direktoren", insbesondere des zur Abwahl stehenden Informationsdirektors Elmar Oberhauser. Keinesfalls sei es ihm um Ö-Töne von Journalisten oder Stiftungsräten gegangen. Die Sache sei dann aber "entglitten", weshalb die Aktion vor dem Stiftungsratssaal umgehend gestoppt und die Aufnahmen vernichtet wurden.

"Stillose und menschenverachtende" Kampagne im ORF

Laut Strobl sei die Causa "für manche eine gute Gelegenheit" zur Abrechnung mit ihm gewesen. "Ich habe leider für manche, die unbedingt abdrücken wollten, einen Elfmeter aufgelegt." Die Kampagne gegen ihn sei gut orchestriert gewesen. "Respekt."

Geärgert hat Strobl, dass seit dem Vorfall am 11. November kein Direktor mit ihm geredet oder sich direkt bei ihm beschwert habe, ebenso kein Landesdirektor, kein Betriebsrat, keine Redakteurssprecher, keine Redakteure, von denen allen Kritik an seiner Person kam.

"Niemand hat mich gefragt, wie war das eigentlich, was sagst Du dazu", so Strobl. "Das ist für mich eine stillose und menschenverachtende Vorgangsweise, so dass es mir nicht mehr möglich wäre, mit manchen der Beteiligten vorurteilslos zusammenzuarbeiten."

Diesen Vorwurf haben die ORF-Direktoren in einem gemeinsamen Statement zurückgewiesen: Sie hätten auf eine Aussprache mit ihm in der Geschäftsführersitzung am Donnerstag gedrängt, diese sei aber "nicht möglich" gewesen, heißt es darin.

Zur Person

Pius Strobl gilt als "Architekt der Generaldirektion Wrabetz". Der 54-jährige gebürtige Burgenländer war früher Gendarm war und Bundessprecher der Grünen. Von 1989 bis 2006 saße er mit kurzen Unterbrechungen im Stiftungsrat.

Seit seiner überraschenden Bestellung zum Kommunikations- und Marketingchef des ORF im Jahr 2007 musste er oft Kritik einstecken. Dass er die rechte Hand von Generaldirektor Alexander Wrabetz wurde, nachdem er zuvor wochenlang im Stiftungsrat Stimmung für Wrabetz gemacht hatte, nahmen Strobl viele übel. Die häufigste Kritik an dem Kommunikationschef lautet: Der ORF sei in der Öffentlichkeit noch nie so schlecht dagestanden wie während seiner Amtszeit.

Die Abhöraktion schadet Strobl gehörig. FPÖ und BZÖ fordern seine Suspendierung unter Wegfall sämtlicher Bezüge, FP-Stiftungsrat Norbert Steger kündigte sogar eine Anzeige gegen Strobl an.

Strobl ist mit ORF-Kollegin Eva Pölzl (35), die seit Dienstag wöchentlich die neue Dating-Show "Single mit Kind sucht" moderiert, verheiratet. Erst kürzlich ist er zum dritten Mal Vater gewordenen, Sohn Julius Xaver ist 18 Monate alt.

Wrabetz hielt bis zuletzt an Strobl fest

Wrabetz hatte zuletzt an Strobl festgehalten. Die Direktoren und die Chefs der Landesstudios hatten Strobl zuvor heftig kritisiert und ihm das Vertrauen entzogen. "Strobl bleibt in seiner Funktion", sagte Wrabetz noch am Donnerstagabend.

"Strobl hat mich informiert, dass er in dieser aufgeheizten Situation keine Möglichkeit sieht, seine Tätigkeit fortzusetzen", so Wrabetz nach dem Rücktritt. Er habe diesen Entschluss akzeptiert und "großen Respekt" für diesem Schritt.

Wrabetz' Bürochef Martin Biedermann übernimmt Strobls Agenden interimistisch
Wrabetz' Bürochef Martin Biedermann übernimmt Strobls Agenden interimistisch(c) ORF/Johannes Cizek

Wrabetz' Bürochef Martin Biedermann übernimmt

Dass ein Pressesprecher eines solchen Unternehmens, das immer wieder in der Kritik steht, exponiert ist, sei klar. Strobl habe die "Leistungen des ORF aber auch bei Gegenwind immer gut vertreten", so der ORF-Chef. Er habe die Causa am Donnerstag mehrere Stunden mit Strobl besprochen. "Ich habe selbst keinen Grund für weitere Schritte gesehen", sagte Wrabetz.

Strobl hinterlasse eine gut geführte Abteilung. Um dessen Agenden im Kommunikations- und Marketingbereich werde sich nun vorübergehend Wrabetz' Bürochef Martin Biedermann kümmern, Leiter der Pressestelle bleibe Rainer Scheuer.

Strobl hat schon Job-Angebote

Der scheidende ORF-Kommunikationschef bedankte bei ORF-Chef Wrabetz, dem Haus und vielen Kollegen, von denen es in den vergangenen Tagen und Stunden Zuspruch gab. Strobl erklärte, dass er inzwischen auch zwei Job-Angebote habe, es müsse sich also niemand Sorgen um seine Existenz machen. Er werde nun ein paar Tage Urlaub nehmen, um Abstand zu gewinnen, danach werde er mit dem ORF-Personalchef seinen Vertrag auflösen. "Ich bin demütig, ich bin dankbar, aber jetzt gehe ich."

(Red./APA)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Kommentare

Jetzt geht's um den Chefsessel

Der Rücktritt von Pius Strobl könnte der Anfang vom Ende für Alexander Wrabetz sein.
Stiftungsraete basteln ORFNeuwahlantrag
Medien

Stiftungsräte basteln an ORF-Neuwahlantrag

Der Stiftungsrat will die Wahl der ORF-Geschäftsführung vorverlegen: Dafür könnte das ORF-Gesetz geändert werden, auch eine Verkürzung der Funktionsperiode ist angedacht.
ORFDirektoren Aussprache Strobl nicht
Medien

ORF-Direktoren: "Aussprache mit Strobl nicht möglich"

Nach dem Rücktritt von Kommunikationschef Pius Strobl melden sich auch die vier verbliebenen ORF-Direktoren zu Wort. Ihr Statement im Wortlaut.
Porträt des Tages

ORF-Sprecher Strobl: Der Gendarm am Küniglberg

Der ehemalige Grünen-Politiker und Lokalbesitzer gilt als „Architekt der Generaldirektion Wrabetz“ – und wurde vielfach kritisiert.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.