Morgenglosse

Wenn die Anklage (wieder einmal) zusammenbricht

Vergangene Woche fand im Großen Schwurgerichtssaal des Wiener Straflandesgerichts der Multiversum-Prozess statt.
Vergangene Woche fand im Großen Schwurgerichtssaal des Wiener Straflandesgerichts der Multiversum-Prozess statt.APA/GEORG HOCHMUTH
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Die Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) hat im Multiversum-Verfahren ein Dutzend Leute vor Gericht gebracht. Ohne (nennenswerten) „Erfolg".

Zwei Reizfragen vorne weg: Ist es ein „Erfolg" einer Staatsanwaltschaft, wenn sie vor Gericht eine Verurteilung erwirkt? Oder geht eine Staatsanwaltschaft in ein offenes Rennen und wartet, was am Ende herauskommt? Weder das eine noch das andere trifft zu.

Für Österreichs Staatsanwaltschaften gilt das Objektivitätsgebot. Sie dürfen also nicht nur alles sammeln, was einen Beschuldigten belastet, sondern müssen (müssten) auch Entlastendes berücksichtigen (im Gegensatz dazu ist es der Job der Verteidigung, das Beste für die Klienten herauszuholen, sie darf Minuspunkte unter den Tisch fallen lassen).

Abgeleitet aus der Verpflichtung alles, ganz objektiv, so zu nehmen, wie es kommt, kann das Erwirken eines Schuldspruchs nicht als besonderer „Erfolg" gewertet werden. Umgekehrt kann auch ein Freispruch nicht als Pleite der Anklage gelten.

Aber: Einfach einmal anklagen und schauen, was dabei herauskommt, ist auch nicht im Sinne des Erfinders, sprich: des Gesetzgebers. Man darf nur jemand anklagen, wenn man sich aufgrund der Aktenlage eine gewisse Verurteilungswahrscheinlichkeit ausrechnen kann. Ein Schuldspruch muss wahrscheinlicher als ein Freispruch sein. Konkret: Eine Verurteilung muss naheliegen.

Apropos Wahrscheinlichkeit. Hier hat sich die WKStA zuletzt wohl das eine oder andere Mal verrechnet. Zuletzt beim Betrugs- und Untreue-Prozess rund um das Schwechater Veranstaltungszentrum Multiversum. Der mutmaßliche Förderbetrug ließ sich - zumindest in erster Instanz, Rechtsmittel wurden angemeldet - nicht unter Beweis stellen. Es gab neun Freisprüche und einen - ein Randthema betreffenden - Schuldspruch.

Erst vor Kurzem endete auch der BVT-Prozess mit glatten Freisprüchen. Rechtskräftig. Und das nachdem eine Hausdurchsuchung in den BVT-Büros das Vertrauen in den Staatsschutz (nunmehr DSN) nachhaltig erschüttert hat.

Auch im Untreue-Verfahren, das in Sachen Stadterweiterungsfonds gegen zwei Innenressort-Sektionschefs angestrengt wurde, lag die WKStA daneben. Auch dort gab es rechtskräftige Freisprüche. Wie gesagt: Es geht nicht um „Erfolg" oder „Misserfolg". Aber bei den obligaten Prognosen, wonach Verurteilungen naheliegen müssen, sollte man künftig präziser werden.

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