Amnesty Inernational

Repressionen, Konflikte, Ungleichheit: Wie ist es um die Menschenrechte bestellt?

Flüchtlingslager Kutupalong im südöstlichen Bangladesch: Rohingya-Männer arbeiten an der Säuberung eines Abwasserkanals.
Flüchtlingslager Kutupalong im südöstlichen Bangladesch: Rohingya-Männer arbeiten an der Säuberung eines Abwasserkanals.APA/AFP/MUNIR UZ ZAMAN
  • Drucken

Die Drangsalierung der Zivilgesellschaften hat 2021 zugenommen, zeigt der aktuelle Bericht der Menschenrechtsorganisation Amnesty International. Das Recht auf freie Meinungsäußerung wird in vielen Staaten mit Füßen getreten.

Ob Gräueltaten an der muslimischen Minderheit der Rohingya in Burma oder die Unterdrückung von Demonstrationen durch restriktive Gesetze und Polizeigewalt im Sudan: Laut Amnesty International war es 2021 weltweit schlecht bestellt um die Menschenrechte. Rund um den Globus habe die Repression zugenommen, sagte Amnesty-Generalsekretärin Agnès Callamard bei der Vorstellung des Jahresberichts der Menschenrechtsorganisation.

Viele frühere Konflikte hätten den Weg bereitet für weitere Auseinandersetzungen, die nun - wie der russische Einmarsch in die Ukraine - das laufende Jahr prägten. "Es ist nicht so einfach, sich hier aufs Jahr 2021 zu fokussieren, wenn sich die Aufmerksamkeit der Welt auf die Ereignisse in der Ukraine richten", gab Callamard zu, sagte aber: "In vielfacher Hinsicht sind die ersten Monate des Jahres 2022 das direkte Vermächtnis dessen, was 2021 für die Menschenrechte getan oder eben nicht getan wurde". Der Angriff auf die Ukraine sei in einem internationalen Klima erfolgt, in dem Verletzungen des humanitären Völkerrechts und schwerste Menschenrechtsverletzungen nicht durch ein konsequentes Eintreten der internationalen Staatengemeinschaft sanktioniert wurden.

"Die Ukraine-Krise beweist aber, dass Staaten im Gleichklang handeln können; sie bestätigt, dass Staaten schnell, entschlossen Flüchtlinge willkommen heißen und schützen können". Das sei bisher nicht bei allen Flüchtlingen so gewesen, gab Callamard zu bedenken und sprach sich für eine Neuordnung der multilateralen Organisationen aus. Dabei sollten auch afrikanische Politiker mehr Mitspracherecht haben. Callamard äußerte sich in dem Zusammenhang aber auch enttäuscht über deren Zurückhaltung bei der Verurteilung der russischen Aggression in der Ukraine.

Drangsalierung der Zivilgesellschaft

Laut dem Jahresbericht 2021 der Organisation, der in 154 Staaten die Menschenrechtslage dokumentiert, wurde in jedem zweiten Land die Zivilgesellschaft drangsaliert. Das Recht auf freie Meinungsäußerung werde in vielen Staaten systematisch mit Füßen getreten. Positiv wertete Callamard überall auf der Welt den unbeirrten, friedlichen Widerstand von Aktivisten oder Journalisten.

Bei der Corona-Pandemie wirft Amnesty Politikern aus Industriestaaten Heuchelei vor. Westliche Staaten hätten beim Rennen um Impfstoffe mit Großunternehmen gemeinsame Sache gemacht und so die Ungleichheit zwischen armen und reichen Ländern verschärft. Während Pharmakonzerne enorme Profite verzeichnet hätten, hätten die USA oder europäische Industriestaaten Impfstoffe gehortet. Obwohl es genug Impfstoff für die gesamte Weltbevölkerung gegeben habe, seien zum Jahresende 2021 in den armen Ländern nur vier Prozent der Bevölkerung geimpft gewesen. In Afrika stießen Gesundheitssysteme oft an ihre Grenzen.

„Impfegoismus“ der reichen Länder

Der Kontinent habe in der Pandemie daher einen hohen Preis zahlen müssen. Callamard betonte, dass die Organisation als Geste der Anerkennung Südafrikas Wirtschaftsmetropole Johannesburg als Ort ihrer internationalen Pressekonferenz gewählt habe. "2021 hätte ein Jahr der Heilung und Erholung werden sollen; stattdessen wurde es zu einem Inkubator für tiefere Ungleichheit und größere Instabilität, ein ätzendes Vermächtnis für die kommenden Jahre", klagte Callamard.

"Entwickelte Länder saßen (im vergangenen Herbst, Anm.) auf einer halben Milliarde überzähliger Dosen - genug, um mehrere der am geringsten immunisierten Nationen der Welt durchzuimpfen. Dass überzählige Dosen nach ihrem Ablaufdatum einfach weggeworfen wurden, war ein schockierendes Symptom einer Welt ohne moralischen Kompass; einer Welt, die ihren Weg verloren hatte. Während die Vorstandsvorsitzenden und Investoren von Unternehmen (gemeint sind Pharmafirmen, Anm.) dicke Gewinne einstrichen, wurde jenen, die die Impfung dringend benötigten, gesagt, sie sollten warten. Und sterben", geißelte Generalsekretärin Agnès Callamard in ihrem Vorwort zu dem Bericht die Politik der reichen Staaten.

Kritisch sieht Amnesty auch die Rolle der sozialen Medien und der sie tragenden Unternehmen während der Pandemie. Sie hätten Covid-19-Falschinformationen aller Art einen fruchtbaren Boden bereitet. Die Menschenrechtler rügen zudem die Lage für ausländische Arbeiter bei Fußball-WM-Gastgeber Katar und kritisieren auch beim Recht auf freie Meinungsäußerung zunehmende Beschränkungen in vielen Ländern

(APA/dpa)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Archivbild von einem Polizeieinsatz bei einer Demonstration in Wien gegen den Akademikerball
Bericht

Amnesty: "Liste der Menschenrechtsverfehlungen auch in Österreich lang"

Missstände in der Asylpolitik, fehlende Sozialleistungen, Versammlungseinschränkungen: Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International kritisiert in ihrem aktuellen Bericht politische Versäumnisse.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.