Offener Brief

"Bildungsministerium spuckt ein überflüssiges Projekt nach dem anderen aus"

Das Ressort von Bildungsminister Martin Polasche (ÖVP) steht in Kritik.
Das Ressort von Bildungsminister Martin Polasche (ÖVP) steht in Kritik.APA/ROLAND SCHLAGER
  • Drucken

Der Vorsitzende der Wiener Pflichtschullehrergewerkschaft, Thomas Krebs, legt dem Bildungsministerium einen Betriebsurlaub nahe. Die Schulen müssten sich von dem „Schwall an nutzlosen Vorhaben“ erholen.

Harte Kritik ist man von der Lehrergewerkschaft gewöhnt. Diesmal ist sie aber besonders deftig. Der oberste Wiener Pflichtschullehrervertreter Thomas Krebs (Fraktion Christlicher Gewerkschafter) wendet sich in einem Offenen Brief an Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP). Darin legt er dem Bildungsressort einen Betriebsurlaub nahe. „Kann das Ministerium nicht einmal schließen und einen Monat Betriebsurlaub machen, damit wir in den Schulen durchatmen können und uns auf unsere eigentlichen Aufgaben konzentrieren können?“, schreibt der Gewerkschafter.

In dem Schreiben wird von einer Belastung im „höchstem Maß“ berichtet. Die Lehrerinnen und Lehrer hätten durch die Pandemie und den zunehmenden Flüchtlingsstrom alle Hände voll zu tun. Sie könnten die Herausforderungen meistern, allerdings nur, wenn es Unterstützung von Bildungsministerium und Bildungsdirektion geben würden. „Stattdessen entpuppen sich das Ministerium und seine Sektionen als Belastung, als Erschwernis (...).“ Kritisiert werden „unzählige, unnötige Projekte“. Niemand habe die Zeit für „endlose Besprechungen, Sitzungen, Erhebungen und Projekte, die keinen Mehrwert haben“.

Insbesondere an der Arbeitsweise des Bildungsministerium lassen die Wiener Lehrervertreter kein gutes Haar. „Ihr Haus scheint so zu agieren, als gäbe es weder Pandemie noch Krieg und jede der Sektionen im Bildungsministerium spuckt unkoordiniert ein überflüssiges Projekt nach dem anderen aus.“ Das Ministerium vermittle den Eindruck, „als würde die rechte Hand nicht wissen, was die linke tut“.

Gewerkschaft droht mit Boykottmaßnahmen

Es ist nicht das erste Mal, dass sich die Gewerkschaft im Laufe der Pandemie lautstark beklagt. Es seien, wie Krebs im Gespräch mit der „Presse“ sagt, die vielen administrativen Aufgaben, die das Fass zum Überlaufen bringen würden. Neben dem normalen Schulbetrieb habe man sich um das Corona-Testen, die Informellen Kompetenzmessungen (IKM), um Fortbildungen zum Schulqualitätsmanagement (SQM) und um viele statistische Eingaben zu kümmern. 

In dem Brief fordert Krebs den Bildungsminister deshalb dazu auf, „dass aus ihrem Haus keine weiteren für die Praxis unnötigen Vorhaben kommen und die Projekte, die schon jetzt die Schulen quälend belasten, eingestellt werden“. Das Schreiben schließt quasi mit einer Drohung: „Sollte der Schwall an nutzlosen Vorhaben des Ministeriums sich weiter über die Pflichtschulen ergießen, müssen wir als starke Standesvertretung Boykottmaßnahmen andenken."

Minister: „Verstehe, dass Lehrer stark belastet sind"

Im Bildungsministerium selbst ist man um Beruhigung bemüht: „Ich verstehe, dass die Lehrkräfte und Schulleitungen derzeit stark belastet sind“, sagt Minister Martin Polaschek gegenüber der „Presse“. Man habe deshalb bereits eine „Reihe von Entlastungsmaßnahmen erlassen“. So sei die Kommunikation mit den Schulen so gut es geht gebündelt worden. Zudem habe man mit Blick auf die Schulentwicklungspläne Abgabefristen verschoben. Die Reduktion der Tests nach den Osterferien werde zusätzlich zur Entlastung beitragen. Aber „selbstverständlich werden wir uns auch weiter anschauen, wie wir die Lehrkräfte hier unterstützten können“, so der Minister. Man sei dazu mit der Spitze der ARGE Lehrer „in engem Kontakt.“

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.