USA setzen ersten Schritt zu Zensur des Internets

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Der Justizausschuss hat einstimmig eine Gesetzesvorlage verabschiedet, die Sperren von Webseiten vorsieht. Auch in Europa stehen umfassende Regulierungen bis hin zum Internet-Verbot bevor.

Wahsington/Wien. Man hat versucht, Studenten und Schüler zu klagen, die unerlaubt Musik und Filme aus dem Internet herunterladen– ohne Erfolg. Man hat versucht, Internet-Anbieter zu klagen– wieder ohne Erfolg. Undman hat versucht, die Betreiber von Webseiten zu klagen – mit mäßigem Erfolg. Jetzt aber fährt die Musik- und Filmindustrie im Kampf gegen unerlaubte Downloads aus dem Internet eine massive und erfolgversprechende Waffe auf: die Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika.

In der Nacht auf Freitag setzte der Justizausschuss des Senats einen ersten Schritt zur Zensur des Internets. Wenn die Vorlage auch den Senat und das Repräsentantenhaus passiert, bedeutet das das Ende der bisher freien Welt im Internet: Dann wird die US-Regierung nämlich den Zugriff auf bestimmte Webseiten sperren lassen können; sie wird Angebote im Internet unterbinden und den Zugang auf ausländische Webseiten erschweren können.

„Kein rechtsfreier Raum“

Möglich macht das der „Combating Online Infringement and Counterfeits Act“ (COICA). Sein Ziel ist es, die Verbreitung von Copyright-geschütztem Material zu unterbinden, also den Download von Musik, Filmen oder gecrackten Programmen. Das File-Sharing, allgemein bekannt geworden vor Jahren durch Napster, verursache jährlich einen Schaden von mehreren Milliarden Dollar, klagt die Industrie. Und diese Klagen hat die Politik gehört.

Künftig soll die Quelle, nicht der Endnutzer, bekämpft werden. Stellt ein Gericht beispielsweise fest, dass über eine Webseite unerlaubt Musik und Filme verbreitet werden, kann es die Webseite schließen lassen. Gleiches gilt für Webseiten, die nachgemachte Produkte verkaufen – ein Problem, unter dem viele Markenwaren leiden.

Stehen die Server im Ausland und entziehen sich dadurch dem direkten Zugriff der US-Behörden, sollen die Internet-Provider den Zugang sperren.

„Würde in New York ein Geschäft illegale Filmkopien verkaufen oder nachgemachte Handtaschen, würde die Polizei sofort dagegen vorgehen und es sperren“, erklärte der demokratische Senator Patrick Leahy. „Das Internet kann kein rechtsfreier Raum sein.“

Keine Mehrheit gab es im Ausschuss für einen Zusatz, wonach das US-Justizministerium von sich aus Webseiten sperren kann. Es ist weiterhin der Gang über die Gerichte vorgesehen.

Sperre des Internet-Zugangs

Auch in Europa arbeiten Gesetzgeber an einer massiven Verschärfung der Gesetze im Kampf gegen die Produktpiraterie und gegen Urheberrechtsverletzungen. Ähnlich wie in den USA sollen Internet-Provider dazu verpflichtet werden, selbst aktiv gegen illegale Inhalte vorzugehen. Sie müssten unter anderem rechtswidrige Webseiten sperren. Tun sie das nicht, sollen die Internetanbieter für das illegale Verhalten ihrer Kunden haftbar gemacht werden.

Harte Zeiten würden auch für Internet-Nutzer anbrechen: Für sie planen die Staaten eine „Three-Strikes“-Regel (abgeleitet von Baseball): Nach drei Verstößen gegen Copyright-Bestimmungen, wenn also etwa illegal Musik heruntergeladen wurde, soll dem Täter der Internet-Zugang gesperrt werden. Solche Maßnahmen gibt es bereits in Frankreich und Großbritannien. In Deutschland ist Ähnliches in Diskussion – mit typischer deutscher Wortgebung. Dort nennt man es nicht „Three Strikes“, sondern „abgestuftes Verfahren“.

Auf einen Blick

Der Justizausschuss des US-Senats hat eine Gesetzesvorlage beschlossen, die es erlaubt, den Zugriff auf Webseiten zu sperren. Die Vorlage muss allerdings noch durch den Senat und das Repräsentantenhaus.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.11.2010)

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