Pilotanlage im Bau

Grazer Start-up will aus CO2 hochwertige Proteine machen

Bakterien wandeln das Treibhausgas in Proteine um, die als Futter- oder Nahrungsmittel verwendet werden könnten. Das Projekt wurde mit dem Innovationspreis Steiermark 2022 ausgezeichnet.

Mithilfe von Wasserstoff und Mikroorganismen will das aus dem Austrian Centre of Industrial Biotechnology (acib) und der TU Graz hervorgegangene Start-up Econutri das schädliche Treibhausgas Kohlendioxid in hochwertiges Protein verwandeln. Eine entsprechende Pilotanlage ist derzeit im Bau. Econutri und das acib wurden am Mittwoch für ihre Entwicklung mit dem neuen Innovationspreis Steiermark 2022 in der Kategorie "Nachhaltigkeit: F&E-Institutionen" ausgezeichnet.

Das Start-up will nicht nur einen Beitrag zur Eindämmung der CO2-Emissionen leisten, sondern auch alternative, nachhaltige Proteinquellen erschließen. Die nun ausgezeichnete "Carbon-Utilization-Technologie" - so werden Verfahren zur CO2-Abscheidung und -Verwendung bezeichnet - baut auf den Forschungen des ehemaligen Vorstands des Institut für Molekulare Biotechnologie der TU Graz und acib-Mitbegründers Helmut Schwab auf, und wurde gemeinsam mit Petra Heidinger vom Institut für Computational Biotechnologie der Technischen Universität (TU) Graz und ihrem Team entwickelt. Sie verwenden dafür bestimmte Mikroorganismen, die CO2 als Rohstoff nutzen können.

Ein typischer Vertreter dieser als "chemolithotroph" bezeichneten Organismen ist das Bakterium "Cupriavidus necator". Dieses ist in der Lage, CO2 als alleinige Kohlenstoffquelle zu verwenden, es benötigt aber relativ viel Energie in Form von Wasserstoff. Das Bakterium arbeitet dabei im Prinzip ähnlich wie Pflanzen, "nur dass anstelle von Licht Wasserstoff als Energiequelle dient", so Helmut Schwab. "Die Energie wird über biologische 'Verbrennung', also Oxidation, von Wasserstoff mit Sauerstoff gewonnen, dabei entsteht Wasser."

Wasserstoff schon bald deutlich billiger?

Noch sei Wasserstoff sehr teuer, "wir gehen aber davon aus, dass dieser bei der Nutzung von grünem Überschussstrom und in größeren Mengen wesentlich günstiger hergestellt werden kann", so Heidinger. Sonst sei das Verfahren äußerst energieeffizient, die - nicht genmodifizierten - Mikroorganismen vermehren sich selbst, benötigen nur wenige Nährstoffe und CO2. "Am Ende des Prozesses kann 'Cupriavidus necator' in seiner Biomasse bis zu 80 Prozent an hochwertigem Protein einlagern - und das umweltfreundlich und platzsparend", so Helmut Schwab.

Im Labormaßstab ist der Prozess nach Angaben der Forscher bereits etabliert, Ziel von Econutri ist es, in den nächsten Jahren Bioreaktoren mit Industrieanlagen wie etwa Zementwerken zu koppeln, um CO2 aus deren Abgasen zu verwenden. Derzeit baut das Start-up bereits in Zusammenarbeit mit einem österreichischen Unternehmen einen Pilot-Bioreaktor mit einem Gesamtvolumen von 300 Litern, um die notwendigen Grundlagen für einen wirtschaftlichen Bioprozess zu schaffen. "In weiterer Folge sollen die Erkenntnisse in die Planung einer Großanlage fließen, um Proteine in den nächsten Jahren im Multi-Tonnen-Maßstab produzieren zu können", so Econutri-Geschäftsführerin Verena Schwab.

Zusammensetzung der Proteine kann variiert werden

Den Unternehmensangaben zufolge kann die genaue Zusammensetzung der in Zukunft hergestellten Proteine je nach Verwendungszweck variiert werden. Als aufbereitete, proteinreiche Biomasse könnte das Produkt etwa direkt an Nutztiere verfüttert und so aktuell verwendete Futtermittel wie Fischmehl oder Soja ersetzt sowie damit verbundene negative Auswirkungen auf die Umwelt verringert werden. "Außerdem könnte dadurch eine zusätzliche, alternative Form der Nahrungserzeugung geschaffen werden, die ohne Anbau- und Weideflächen und mit weniger Ressourcen auskommt", so Helmut Schwab.

Weil die Landwirtschaft, etwa mit der Massentierhaltung, zu einem der größten Treibhausgas-Emittenten zählt, denkt man bei Econutri auch darüber nach, "unterschiedliche Proteinprodukte für die humane Ernährung zu produzieren", so Schwab. Die Grundtechnologie könnte aber auch dazu genutzt werden, umweltfreundliches Bioplastik herzustellen.

Neben Econutri und dem acib wurden im Bereich Nachhaltigkeit auch die Packnatur Entwicklungs- und Produktions GmbH aus Neudau und AVL List mit dem Innovationspreis Steiermark ausgezeichnet. In der Kategorie "Digitalisierung" waren die in Leoben ansässigen Luxinergy GmbH, AT&S und das Materials Center Leoben erfolgreich. Der Innovationspreis Steiermark ersetzt den bisherigen Fast Forward Award und ist der offizielle Wirtschaftspreis des Landes Steiermark. Inhaltlich ist die Auszeichnung auf die beiden Schwerpunkte "Nachhaltigkeit" und "Digitalisierung" ausgerichtet, sie wird jeweils in den Kategorien "Kleinst- und Kleinunternehmen", "Mittel- und Großunternehmen" sowie "Institutionen der angewandten Forschung und Entwicklung" verliehen.

(APA)

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