Bonds

Vorboten einer Rezession

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Erstmals seit zweieinhalb Jahren steigt die Rendite bei zweijährigen US-Staatsanleihen höher als bei zehnjährigen.

Wien. Die „inverse Renditekurve“ sorgt gerade für Aufsehen: Erstmals seit zweieinhalb Jahren übersteigt die Rendite der zweijährigen US-Staatsanleihen diejenige der zehnjährigen. Die kürzer laufenden Bonds rentierten am Dienstag bei 2,453 Prozent und die länger laufenden bei 2,398 Prozent.

Um die Aufregung zu verstehen, muss man wissen, dass die Renditekurve am Anleihemarkt ein wichtiger Indikator für Börsianer ist. Sie hat Auswirkungen auf die Kurse in anderen Anlageklassen, auf die Gewinne von Banken und gilt als Vorzeichen für die Entwicklung der Konjunktur. Der Renditeabstand, im Fachjargon Spread genannt, zwischen den Schuldtiteln mit diesen Laufzeiten dient als Indikator für die Gesundheit einer Volkswirtschaft.

Werfen die kürzer laufenden Titel mehr ab als die länger laufenden, sprechen Experten von einer solchen „inversen Renditekurve“. Sie gilt als Vorbote einer Rezession, weil Investoren baldige Zinserhöhungen erwarten, die die Konjunktur abwürgen. In den vergangenen Tagen war bereits der Spread zwischen den fünf- und 30-jährigen Titeln ins Minus gerutscht.

Aber was versteht man unter der Renditekurve und wie sieht diese üblicherweise aus?

Staaten nehmen Kredite auf, indem sie Staatsanleihen ausgeben. Diese haben Laufzeiten von wenigen Wochen bis zu mehreren Jahrzehnten. Trägt man die Rendite – also die Verzinsung – der einzelnen Papiere, beginnend mit der niedrigsten Laufzeit, in ein Diagramm ein, erhält man die sogenannte Renditekurve.

Bond-Renditen bewegen sich immer entgegengesetzt zu den Kursen. Üblicherweise steigt die Renditekurve an, da Investoren für längere Laufzeiten wegen der größeren Risiken eine höhere Verzinsung fordern.

Führende Anleihen

Die Rendite der zehnjährigen Titel ist für Investoren der Dreh- und Angelpunkt. US-Treasuries und deutsche Bundesanleihen sind weltweit richtungsweisend.

Die Papiere dieser beiden Staaten gelten als sichere Anlage, weil Investoren die Wahrscheinlichkeit eines Zahlungsausfalls als sehr gering betrachten. Außerdem können Anleger ihre Schuldtitel bei Bedarf schnell zu Geld machen, weil so viele davon im Umlauf sind. Derzeit steht Deutschland bei Bond-Investoren mit umgerechnet insgesamt etwa 2,3 Billionen Dollar in der Kreide. Im Falle der USA ist der Schuldenberg mit gut 21 Billionen Dollar (19 Billionen Euro) fast zehnmal so hoch. Die Folgen für die Weltwirtschaft sind nicht zu unterschätzen.Denn steigen die Renditen kürzer laufender Bonds, heben Banken üblicherweise die Zinsen für Verbraucherkredite oder Kreditkartenschulden an. Auch für kleinere Unternehmen verteuert sich meist das Schuldenmachen. Hypothekenzinsen ziehen ebenfalls an.

Die Umkehrung der Renditekurve sorgt auch bei Experten für Sorgenfalten. Jeffrey Halley, Marktanalyst bei Oanda sagt dazu: „Zunächst einmal gibt es Rezessionen und dann gibt es Rezessionen. Manche sind mild, manche nicht. Wir wissen nicht, ob eine Rezession in den USA mild oder hässlich sein wird, wenn sich die Renditekurve in eine Inversion verwandelt.“

Auslöser war die Fed

Die Entwicklung auf dem Anleihenmarkt führt der Experte auf die zu erwartenden Zinserhöhungen der US-Notenbank zurück. Er vermute, „dass dies zu einer Art Herdentrieb auf dem Anleihemarkt geführt hat, was ein wesentlicher Grund für die derzeitigen Bewegungen bei den Anleiherenditen und nicht für ein wirtschaftliches Armageddon sein könnte“.

„Zu beachten ist, dass die Fed – wie auch andere Zentralbanken – seit über einem Jahrzehnt immer wieder quantitative Lockerungen vorgenommen hat. Sie werden in den nächsten Monaten mit dem Verkauf dieser Bestände beginnen, und je nachdem, was sie verkaufen, könnte dies die 10- bis 30-jährigen Zinssätze in die Höhe treiben und dazu beitragen, dass die Kurve wieder ins Positive kippt. All die Jahre der quantitativen Lockerung könnten auch die mechanische Verbindung zwischen inversen Renditekurven und Rezessionen verändern, wir wissen es nur noch nicht“, schreibt Halley und schließt mit der Feststellung: „Es tut mir leid, sagen zu müssen, dass die Rückkehr der strukturellen Inflation nach einer 20-jährigen Pause bedeutet, dass eine Art Realitätsprüfung über die Welt gekommen ist.

Der Wechsel von der Globalisierung zur Widerstandsfähigkeit der nationalen Lieferketten wird diesen Prozess noch weiter beschleunigen.“ (ag/sub)

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