Schmied: "Retro-Politik" statt Bildungsreformen

SPoeMinisterin Schmied reagiert veraergert
SPoeMinisterin Schmied reagiert veraergert(c) EPA (IAN LANGSDON)
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Koalitionskonflikt. Faymann stellt sich gegen die Lehrerposition des Finanzministers. SPÖ kritisiert den ÖVP-Vorschlag zur „Verländerung" der Schule als kontraproduktiv. Die FPÖ äußerte sich indes positiv.

[WIEN/NO/PÖ/RED.] Unterrichtsministerin Claudia Schmied bekämpft den Plan der ÖVP-Landeshauptleute, die Kompetenzen über die Lehrer vom Bund unter ihre Hoheit zu bekommen, weiter mit allen Mitteln. Im Gespräch mit der „Presse" nennt sie das Vorhaben, das am Freitag nun auch von Vizekanzler Josef Pröll offiziell - „Die Presse" hat bereits mehrmals darüber berichtet - zur Parteilinie erklärt wurde, schlicht als „Retropolitik".

Rückendeckung bekommt sie von Bundeskanzler Werner Faymann. Diese sagte, er stehe zur „Position des Bundes" - und stellt sich damit gegen Finanzminister Pröll. Man wolle ein einheitliches Bildungssystem und nicht eine Diskussion, die zu einer „Verländerung" führe, das wäre „kein Fortschritt" für die Schule. Er habe jedoch erwartet, dass sich Niederösterreichs Landeschef Erwin Pröll in der ÖVP durchsetzt. Faymann beruft sich darauf, dass man die gemeinsame Bundesposition in einer Arbeitsgruppe der Verwaltungsreform im April vereinbart habe.

Bei der Kompetenzverschiebung befürchtet Schmied, dass künftig Reformen schlicht nicht mehr möglich seien. Schon bisher sei es gegen den Widerstand der Länder nicht machbar gewesen, etwa Kontrollmechanismen in den Ländern zu implementieren.

Wien geht auf Distanz

Bei der Landeshauptleutekonferenz am Mittwoch erhofft sie eine Klärung, ob es sich nur um die Linie der ÖVP-Länder handelt. Wiens SPÖ-Bürgermeister Michael Häupl hat ursprünglich die Kompetenzverschiebung an der Seite Erwin Pröll befürwortet. Nun erklärt aber sein zuständiger Stadtrat Christian Oxonitsch, das ÖVP-Modell bringe in Wien kaum Einsparungen. „Die Frage, wer was macht, sollte am Ende einer umfassenden Bildungsreform stehen und nicht am Beginn einer Diskussion", so Oxonitsch. Und: Beim „Pingpongspiel zwischen Bund und Ländern, wie es die ÖVP betreibt, geht es leider wieder nicht um Inhalte, sondern nur um Kompetenzstreitereien".

Salzburgs Landeshauptfrau Gabi Burgstaller (SPÖ) zeigte für den ÖVP-Auftritt „kein Verständnis, weder was den Stil noch was den Inhalt betrifft". Die FPÖ kann sich mit dem ÖVP-Vorschlag anfreunden, nicht so Grüne und BZÖ.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.11.2010)

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