Seit dem Machtwechsel ist Afghanistan in eine humanitäre Krise gestürzt. Die neuen Machthaber haben die Hoffnung der Mädchen auf Schulbildung im Keim erstickt.
Der Tag schmeckte nach Vorfreude. Nach sieben Monaten ging es für Tausende von Mädchen in Afghanistan wieder in die Schule. Schwarzer Mantel, weißes Kopftuch, ein wenig Aufregung, viel Neugierde. Die Taliban hatten weiterführende Schulen für Mädchen wieder geöffnet. Endlich wieder ein legitimer Grund, die vier Wände zu verlassen, Freundinnen treffen, mit Gleichaltrigen reden, lernen dürfen. Ein kleiner Hoffnungsschimmer auf Normalität, nach sieben Monaten Chaos und Verzweiflung. Doch keine ganze Stunde, nachdem die Mädchen in Kabul im Klassenzimmer Platz genommen hatten, wurden sie wieder nach Hause geschickt, Mädchen ab der siebten Schulstufe dürften die Schule fortan nicht mehr besuchen. Die Mädchen gingen weinend nach Hause, schluchzten in die Kameras, ihre Zukunft sei nun endgültig zerstört.
Wer die jüngsten Entwicklungen im Land beobachtet hat, ist wenig überrascht. Als die militant-islamistischen Taliban im August vergangenen Jahres erneut die Macht übernahmen, fürchteten viele, dass sie Afghanistan regieren werden, wie sie es von 1996 bis 2001 getan hatten. 24 Jahre später riefen sie erneut ein islamisches Emirat aus, versprachen aber eine gemäßigtere Form und schlugen moderatere Töne an. Frauenrechte sollten "im Rahmen der Regeln des Islams" geachtet werden. "Wir sind nicht mehr wie in den 90er-Jahren", meinten sie. Wie ernst meinten sie es damit?