Literatur

Schonungslos gegen das Heimatbild

Anna Baar
Anna Baar (c) Johannes Puch
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Anna Baar vereint im Erzählband „Divân mit Schonbezug“ beißende Kritik und Humor.

In galligen Gesellschaftsanklagen hat die österreichische Literatur seit jeher Übung. Ob Ödön von Horvath, Thomas Bernhard oder Elfriede Jelinek – ihre Werke eint das Bestreben, hinter die Kulisse der Walzer- und Backhendl-Bräsigkeit zu schauen, um mit provokativem Elan einen ganzen Morast zum Vorschein zu bringen. Nun reiht sich auch die in Klagenfurt lebende Anna Baar mit ihrem neuen Erzählband „Divân mit Schonbezug“ in diese Riege ein.

Bevor die in Zagreb geborene und zweisprachig aufgewachsene Autorin zu dem Selbstbewusstsein gelangte, um zu sagen: „Das Fremdsein . . . steht mir gut“, haderte sie oft mit der kulturellen Engstirnigkeit so mancher Provinzler. Ihre autobiografisch gefärbten Geschichten arbeiten sich daher vor allem an Nationalisten und Rassisten ab. Sie geißeln Lokalpolitiker aus Kärnten, die zu feige sind, die manchem Nazi gewidmeten Straßennamen zu ändern. Sie spötteln über die „Geschichtsexperten, die so oft alles daransetzen, dass sich die Massakrierten, Schüsse und Scheiterhaufen nicht ins Heimatbild mischen“. Doch damit nicht genug. Auch der Missbrauch in Kirche und Heimen gerät in Baars Fadenkreuz – mit bitterer Ironie: „Es wird doch wohl noch erlaubt sein, sich alle Jubeljahre an einem Kind zu vergreifen.“ Der Faschismus in all seinen Facetten, so das Fazit der Autorin, mag epochal überwunden sein, aber sein Ungeist lebt in vielen Machtstrukturen fort.

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