Nato und Russland verhandeln über Raketenabwehr

Der russische Präsident Dmitrij Medwedjew
Der russische Präsident Dmitrij Medwedjew(c) EPA (GUILLAUME HORCAJUELO)
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Moskau will über eine Beteiligung an einer europäischen Raketenabwehr verhandeln. Russland stellte vier Bedingungen für eine mögliche Kooperation.

Russland hat am Samstag das Nato-Angebot über eine mögliche Beteiligung an einer europäischen Raketenabwehr angenommen und Verhandlungen darüber zugesagt. Eine Entscheidung über eine tatsächliche Beteiligung sei aber offen, machte der russische Präsident Dmitrij Medwedjew zum Abschluss des Nato-Russland-Rates am Samstagabend in Lissabon deutlich. Vorher wolle Moskau wissen, wo sein Platz sein werde. "Wir werden gleichberechtigt beteiligt, oder wir werden uns nicht beteiligen", sagte Medwedjew.

Verabredet wurde, die auf Eis gelegte Zusammenarbeit zum Schutz von Truppen in Einsätzen wieder aufzunehmen. Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen sagte, für die Kooperation bei einem Abwehrschirm für die Territorien würden die noch ausstehenden Antworten gegeben. Medwedjew sagte, derzeit sei der Plan der Nato für die Raketenabwehr noch ganz neu, und die Staaten in Europa wüssten selbst noch nicht genau, wie das System aussehen und was es kosten solle. Zugleich stellte er vier Bedingungen für die Kooperation: Gleichberechtigung, Transparenz, technologische Zusammenarbeit und gemeinsame Verantwortung bei Entscheidungen.

Nato: "Ein wirklicher Neustart"


Die Nato hatte am Freitag den Startschuss zum Aufbau eines Nato-Raketenschirms bis zum Jahr 2020 gegeben. Dass Moskau nun über eine Beteiligung verhandeln wolle, sei "ein wirklicher Neustart" der Beziehungen zwischen dem Bündnis und Russland, sagte Rasmussen. Für die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel ist damit das letzte Kapitel des Kalten Krieges endgültig zugeschlagen. Auch US-Präsident Barack Obama zeigte sich hoch erfreut: "So kann aus einer Quelle der Bedrohung eine Quelle der Zusammenarbeit gegen eine gemeinsame Bedrohung werden."

Bei der Zusammenarbeit geht es in einem ersten Schritt um eine gemeinsame Bedrohungsanalyse. Im Juni kommenden Jahres sollen auf dem nächsten Treffen der Verteidigungsminister von Nato und Russland die Möglichkeiten der Zusammenarbeit weiter ausgelotet werden.

Neben der Raketenabwehr einigten sich Nato und Russland zudem auf eine engere Zusammenarbeit beim Thema Afghanistan. So will Russland seine Transitwege für die Verbündeten öffnen und den Transport sogenannter nichttödlicher Güter gestatten. Damit können jetzt auch gepanzerte Fahrzeuge auf dem Schienenweg Russland passieren. Zudem soll es nicht nur um den Transport nach Afghanistan gehen, sondern auch um den Rücktransport durch Russland. Damit verfügt die Nato erstmals über eine kostengünstige Alternative zum teuren Lufttransport.

Kooperation bei Drogenbekämpfung

Ferner wollen die Nato und Russland auch auf dem Feld der Drogenbekämpfung enger zusammenarbeiten und mehr gemeinsam zum Schutz der internationalen Handelswege gegen Piraten unternehmen. Schließlich sollen nächste Schritte zur Unterbindung einer Weiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen unternommen werden. "Ich glaube, dieses Treffen war ein echter Wendepunkt", sagte der Generalsekretär. Medwedjew fügte hinzu: "Es ist ein wirklich historisches Ereignis."

Medwedjew kann sich nach eigenen Worten sogar eine sehr viel engere Zusammenarbeit mit der Nato vorstellen, schließt eine Mitgliedschaft in der Allianz zum jetzigen Zeitpunkt aber aus. "Derzeit kann ich keine Umstände sehen, unter denen wir der Nato beitreten könnten", sagte Medwedjew. Sollte sich die Nato aber stark verändern, stelle sich die Frage nach einer engeren Zusammenarbeit. "Die Diskussion darüber wäre möglich", sagte der russische Präsident.

(APA)

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