Protest

Zweites Stadtstraßen-Camp geräumt: 25 Festnahmen

WIEN: STADTSTRASSE - RAeUMUNG PROTESTCAMP IN WIEN-DONAUSTADT
WIEN: STADTSTRASSE - RAeUMUNG PROTESTCAMP IN WIEN-DONAUSTADTAPA/TOBIAS STEINMAURER
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Mit großem Polizeiaufgebot und unter viel Kritik wurde die zweite von Klimaaktivisten besetzte Stadtstraßen-Baustelle in der Donaustadt geräumt. 25 Personen wurden festgenommen.

Wien. Halbe Sachen zu machen, das kann man der Wiener Polizei nicht vorwerfen. Mit einem riesigen Aufgebot – mehr als vierhundert Beamten, der Sondereinheit Wega und mehreren Hundestaffeln – rückte die Exekutive am Dienstagvormittag in der Hirschstettner Straße in der Wiener Donaustadt an, um ein zweites Protestcamp auf einer Baustelle der geplanten Stadtstraße zu räumen.

Klimaaktivsten hatten diese gemeinsam mit einer anderen, bereits im Februar geräumten Baustelle vor rund sieben Monaten besetzt. „Rund 30 bis 40 Aktivisten haben sich in der Früh in dem Camp direkt neben der Südosttangente befunden“, sagte Anna Kontriner, Sprecherin der Protestbewegung „Lobau bleibt“, zur „Presse“. Weitere Sympathisanten hätten sich durch ein angrenzendes Waldstück zum Camp durchgeschlagen, bevor die Polizei das Gebiet großräumig absperrte. Auch Journalisten blieb der Zutritt verwehrt.

WIEN: STADTSTRASSE - RAeUMUNG PROTESTCAMP IN WIEN-DONAUSTADT
WIEN: STADTSTRASSE - RAeUMUNG PROTESTCAMP IN WIEN-DONAUSTADTAPA/TOBIAS STEINMAURER

In Erdhügel eingegraben

Die Beamten versuchten in den folgenden Stunden, die jungen Menschen mit Baggern, Schaufeln und Kreissägen von dem Gelände zu befördern. Zwei Personen hatten sich in einem in einen Erdhügel gegrabenen Tunnel verschanzt und dort jeweils eine Hand einbetoniert, wie die Polizei berichtete. Andere hatten sich offenbar in einer Hütte angekettet. Am frühen Nachmittag war schließlich das gesamte Areal geräumt, insgesamt kam es zu 25 Festnahmen.

„Es ist unfassbar, dass einen Tag, nachdem der jüngste Weltklimabericht sofortiges Handeln in der Klimakrise fordert, geräumt wird, um weitere Straßen zu bauen“, sagte Kontriner zur „Presse“. Man werde sich weiterhin der Wiener Stadtregierung und „ihren zerstörerischen Betonprojekten in den Weg stellen“, so Kontriner. Das geschah auch gleich am Dienstag, als sich mehrere Dutzend Aktivisten unweit des geräumten Camps auf einer weiteren Baustelle niederließen.

»"Ich habe mit Protestcamps fertig."«

Ulli Sima, Wiener Verkehrsstadträtin, SPÖ

Die zuständige Stadträtin, Ulli Sima, verwies bei einer zeitgleich stattfindenden Pressekonferenz auf die Asfinag, auf deren Grund sich das Camp befinde. „Ich habe mit Protestcamps fertig“, so Sima. Die Asfinag habe die Polizei ersucht, das Camp zu räumen, „um die Bautätigkeiten ohne Gefährdung von Personen fortsetzen zu können“, so eine Sprecherin der Autobahngesellschaft. Eine Anschlussstelle zur A23 müsse neu gestaltet werden. Die Sprecherin verwies aber darauf, dass man den Bau aufgrund vertraglicher Verpflichtungen gegenüber der Stadt Wien fortsetzen müsse. Die Aktivisten vermuten, dass die Anschlussstelle in weiterer Folge für die Stadtstraße genutzt wird.

Kritik am Vorgehen kam von zahlreichen Umweltschutzorganisationen wie Greenpeace und Attac. Global 2000 meldete eine spontane Kundgebung bei der Baustelle an – zu der jedoch weder Sympathisanten noch Journalisten durchgelassen wurden. „Wir verurteilen das, die Versammlungsfreiheit muss gewahrt werden“, sagte Geschäftsführerin Agnes Zauner. Für den Abend kündigten Fridays for Future, Extinction Rebellion und „Lobau bleibt“ eine Demo vor der SPÖ-Zentrale an.

Grüne empört, Neos verhalten

Die anwesende grüne Wiener Gemeinderätin Heidi Sequenz empörte sich gegenüber der „Presse“, dass sie trotz ihrer Rolle als parlamentarische Beobachterin mehrere Hundert Meter von der Baustelle entfernt von der Polizei aufgehalten wurde. Bürgermeister Michael Ludwigs Festhalten an dem „klimafeindlichen Projekt“ Stadtstraße „wird sich als historischer Fehler erweisen“, kritisierte auch der Klimaschutzsprecher der Grünen, Lukas Hammer. Neos-Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr gab sich verhalten. Aber: „Die Stadtstraße muss kommen.“

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