Was es mit der „nachhaltigen Transformation“ auf sich hat, und warum sie zu einem bestimmenden Wettbewerbsfaktor wird, diskutierten Ende März Expert:innen im Rahmen einer hybriden Veranstaltung.
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„Geld verdienen mit gutem Gewissen“

Expertentalk. Die nachhaltige Transfomation ist nicht mehr aufzuhalten. Warum für Unternehmen die strategische Umsetzung von ESG-Kriterien zum entscheidenden Wettbewerbsfaktor avanciert, erläutern Führungskräfte im Rahmen der Initiative #nextlevel.

Der Gedanke der Nachhaltigkeit hat sich im Laufe der Zeit zu einem Leitbild für politisches und wirtschaftliches Handeln entwickelt. Im Zentrum steht der Begriff ESG — Environment, Social & Governance. Die Erfüllung ökologischer Kriterien ist demnach ebenso gefragt wie die Beachtung sozialer Parameter und eine Unternehmensführung, die ethischen Ansprüchen gerecht wird und deren Maßnahmen eine positive und langfristige Wirkung auf Umwelt und Gesellschaft erzielen.

Österreichische Green Bonds

„Nachhaltigkeit ist unumkehrbar, das ist gesellschaftlicher Konsens. Das ehemalige Orchideenthema ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen und Österreich ist dabei im internationalen Vergleich bereits sehr weit gediehen“, sagt Erich Lehner. Was der Managing Partner Markets bei EY vor allem für die heimische Unternehmensebene feststellt, gilt auch im Finanzwesen. „In Österreich wird bereits jeder fünfte Euro auf dem Fondsmarkt nachhaltig angelegt. Weltweit gehören wir diesbezüglich zu den Top 3. In Deutschland beispielsweise liegt der Anteil nachhaltiger Geldanlagen nur bei rund 6,5 Prozent“, betont Armand Colard, Experte für nachhaltige Lösungen am Finanzmarkt und Geschäftsführer der ESG Plus GmbH, die den nachhaltigen Impact von Unternehmen in ihrem Kerngeschäft evaluiert.

Dass diese Richtung beibehalten und das Tempo weiter forciert wird, davon ist auch der Bundesminister für Finanzen, Magnus Brunner, überzeugt: „In Österreich waren Anleihen schon immer grün. Wir gehen nun einen Schritt weiter und legen noch im ersten Halbjahr einen Green Bond mit einem Gesamtvolumen von drei bis fünf Milliarden Euro auf.“ Für die Emission habe man sich unter anderem die Expertise der Investmentbank JP Morgan gesichert. Finanziert werden sollen damit in erster Linie nachhaltige Infrastrukturprojekte. „Und wir definieren dabei Nachhaltigkeit wesentlich strenger als dies in anderen Teilen Europas der Fall ist. Atomenergie etwa kann aus unserer Sicht nie als grün bezeichnet werden.“ Auch fossiles Gas sei bestenfalls eine notgedrungene Übergangslösung auf dem Weg in eine Zukunft mit Erneuerbaren Energieträgern. Alles andere wäre unglaubwürdig.

Treiber der Nachhaltigkeit

Für Helmut Fallmann, Gründer und Mitglied des Vorstands der Fabasoft AG, stellt Nachhaltigkeit ein denkbar breites Thema dar, das in drei Dimensionen wirkt: „Es geht um nachhaltiges Handeln in Richtung Mitarbeiter, Kunden und Investoren.“ Bezüglich der Mitarbeiter greift die Erkenntnis, dass einerseits der Fachkräftenachwuchs immer stärker sinnstiftende Jobs im Auge hat und andererseits Unternehmen das entsprechende Umfeld schaffen müssen, das von Rücksicht auf die Umwelt und Respekt für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf geprägt ist. Was die essenzielle Wirkung in Richtung Kunden betrifft, spielt die Einhaltung von ESG-Kriterien entlang der gesamten Lieferkette eine zentrale Rolle. Schlussendlich ist laut Fallmann eine nachhaltige Unternehmensführung unerlässlich, um Investoren an Land zu ziehen.
Den Finanzierungsaspekt spricht auch Therese Niss, Mitglied des Vorstands der Mitterbauer Beteiligungs-Aktiengesellschaft, an: 

»„Wir leben in der Wirtschaft von Innovationen. Neue, nachhaltige Technologien werden sich in Zukunft einfacher finanzieren lassen.“«

Nachhaltigkeit sei eine Wachstumschance, weil damit neue Geschäftsfelder erschlossen werden. In diesem Prozess gilt es laut Niss, mit Überzeugung zu agieren anstatt nur auf Druck von außen zu reagieren: „Wir verfolgen bereits seit mehr als zehn Jahren unsere Unternehmensmission ,Technologies for a cleaner planet‘. Das ist der Antrieb bei unserer täglichen Arbeit, der uns Energie und Orientierung gibt.“ Wie wichtig die Unternehmensstrategie als Treiber der Entwicklung hin zur Nachhaltigkeit ist, betont Erich Lehner: „Aktionäre und Stakeholder sind die Kraft im Hintergrund. Der Vorstand muss das Thema aufgreifen und authentisch kommunizieren. Nur dann wird Nachhaltigkeit für Unternehmen zum strategischen Wettbewerbsvorteil.“

Rahmen und Regelwerk

Einigkeit besteht darin, dass es für die Schritte auf dem Weg der Nachhaltigkeit auch entsprechende rechtliche und politische Rahmenbedingungen benötigt. „Wir brauchen klare Regeln und Standards, insbesondere für jene, die nicht aus eigener intrinsischer Motivation nachhaltig agieren“, sagt Helmut Fallmann – und führt
beispielhaft das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz an, das einen rechtlichen Rahmen schaffen soll, um den Schutz der Umwelt, Menschen- und Kinderrechte entlang globaler Lieferketten zu verbessern. „Eine europaweit einheitliche Regelung dazu wäre natürlich wünschenswert“, meint auch Therese Niss, warnt aber zugleich davor, Unternehmen zu viel Bürokratie aufzuhalsen: „Man sollte hier im Sinne einer Kosten-Nutzen-Abwägung mit Maß vorgehen.“

Für Armand Colard liegt es aus finanztechnischer Perspektive an den politischen Entscheidungsträgern, einen regulatorischen Rahmen zu bilden, der es „Nachhaltigkeits-Sündern“ immer schwerer macht, an Kapital zu kommen: „Ökosoziale Steuern und die CO2-Bepreisung sind ein Schritt in die richtige Richtung.“ Das sieht auch Finanzminister Brunner so: „CO2 braucht einen Preis. Über die Höhe lässt sich diskutieren. Es geht dabei um den Lenkungseffekt, der eintritt, wenn die Bepreisung mit Angeboten wie dem Klimaticket und dem Ausbau öffentlicher Verkehrsmittel begleitet wird.“

Was die Diskussionen rund um die EU-Taxonomie betrifft, die eine europaweit einheitliche Definition von grünen Investitionen festlegen soll, ist Brunner noch skeptisch: „Die aktuelle Krise rund um den Krieg in der Ukraine hat die Situation zusätzlich erschwert. Plötzlich wird in manchen Ländern zum Beispiel wieder darüber gesprochen, Kohlekraftwerke hochzufahren.“ Langfristig könne dies selbstverständlich nicht der richtige Weg sein und Österreich werde sich so wie beim Thema Atomenergie dafür stark machen, in Europa eine grüne Balance zu finden.

Geld und gutes Gewissen

Einen nachhaltigen Spielraum für staatliche Unterstützungsmaßnahmen sieht der Bundesminister innerhalb Österreichs: „Bei öffentlichen Ausschreibungen und der Beschaffung werden wir Nachhaltigkeit weiter forcieren. Der Staat muss hier als Vorbild vorausgehen und auch Regeln und Richtlinien nachschärfen. Das Ziel lautet CO2-Neutralität.“ Die Dekarbonisierung könne aber nur gemeinsam erreicht werden, unter Einbindung und Mitwirkung der Öffentlichkeit und der Unternehmen. Dabei ist es laut Brunner wichtig, immer wieder die vielfältigen Chancen zu betonen, die ein nachhaltiges Wirtschaften bietet.

„Um diese Chancen wahrzunehmen, müssen Unternehmen ESG-Kriterien zum einen strategisch implementieren und zum anderen glaubwürdig nach innen und außen kommunizieren. Ein Top-Down-Vorgang. Da sind die CEOs und Aufsichtsräte in der Pflicht, die Themenführerschaft zu übernehmen. Das ist nicht an nachgelagerte Stabstellen delegierbar“, betont Erich Lehner. Green Washing habe jedenfalls keinen Platz mehr – und auch keinen Sinn, wie Therese Niss hinzufügt: 

»„Unternehmen wollen langfristig existieren und Erfolg haben. Und Menschen wollen in nachhaltigen Unternehmen arbeiten. Nachhaltigkeit muss also ein Business Case sein und nicht ein grünes Marketing-Mäntelchen.“«

Diesen Standpunkt unterschreiben ebenfalls Helmut Fallmann – „Nachhaltig ist nur, was in Summe auch einen wirtschaftlichen Vorteil bringt,“ – und Armand Colard, der diesbezüglich auf Studienergebnisse verweist: „Zahlreiche Untersuchungen in aller Welt haben klar gezeigt, dass nachhaltige Fondsstrategien auch einen Renditevorteil bringen. Nachhaltigkeit ist also ein Gewinnbringer.“ Colard sieht in Österreich einen Paradigmenwechsel vonstattengehen. Wurden früher Geld- und Wertefragen gesondert betrachtet, so bildet sich heute bei jungen Firmen immer stärker ein soziales Unternehmertum heraus: „Die neue Generation stellt sich die Frage, wie sie ein gesellschaftliches Problem lösen kann und dabei wirtschaftlich erfolgreich bleibt. Soziale Gerechtigkeit, Klimaschutz und Wirtschaftlichkeit verschmelzen.“ Die neue Haltung lautet: „Geld verdienen mit gutem Gewissen.

Livestream in voller Länge ansehen:

Unternehmen im Talk

Mitterbauer Beteiligungs-AG
Die Miba entwickelt und produziert funktionskritische Komponenten
entlang der gesamten Energie-
wertschöpfungskette, die einen Beitrag zur effizienten und nachhaltigen Gewinnung, Übertragung, Speicherung und Nutzung von Energie leisten. Miba Produkte sind weltweit in Fahrzeugen, Zügen, Schiffen, Flugzeugen, Kraftwerken, Raffinerien, Kompressoren oder Industriepumpen zu finden.
www.miba.com

ESG Plus GmbH
Die Experten für nachhaltige Lösungen am Finanzmarkt messen den Impact von Investmentprodukten und evaluieren diese nach strikten sozialen, ethischen sowie ökologischen Kriterien. Mit der kostenlosen Onlineplattform Cleanvest wurde das erste Tool entwickelt, das Fonds auf Nachhaltigkeit prüft.
www.esgplus.com

Fabasoft AG
Das Linzer Softwareunternehmen Fabasoft steht für Digitalisierung, Beschleunigung und Qualitäts­steigerung von Geschäftsprozessen. Ein weiterer Schwerpunkt ist die strategische Beteiligung an jungen IT-Unternehmen. Fabasoft zählt zu den führenden europäischen Softwareherstellern und Cloud-Dienstleistern, hat seinen Hauptsitz in Linz und unterhält Tochtergesellschaften in
Deutschland, Österreich,
der Schweiz und den USA.
www.fabasoft.com

EY Österreich
EY Österreich ist eine Prüfungs- und Beratungsorganisation und bietet sowohl großen als auch mittelständischen Unternehmen Dienstleistungen wie Wirtschaftsprüfung, Steuer­beratung, Transaktionsberatung und
Managementberatung an. Seit 2006
zeichnet EY Österreich jährlich
Österreichs Top-Unternehmer mit
dem Entrepreneur Of The Year
Award aus.
www.ey.com/at

INITIATIVE #NEXTLEVEL

Das Softwareunternehmen Fabasoft bietet jungen Digitalschmieden, die Lösungen oder Softwareprodukte für den Einsatz in dokumentenintensiven Branchen entwickeln, eine strategische Partnerschaft an.

Die #nextlevel-Initiative von Fabasoft, EY und Presse ist an Entrepreneure gerichtet, die den nächsten Wachstumsschritt mit Fabasoft gehen möchten.

Folgende Kriterien sollten
Interessierte erfüllen:

  • Die Unternehmer tragen die
    Verantwortung für ihren Betrieb,
    haben eine aktive Position und
    sind maßgeblich für das bisherige
    Wachstum verantwortlich.
  • Sie tragen das wirtschaftliche
    Risiko und halten wesentliche Anteile
    am Unternehmen.
  • Der Unternehmenssitz liegt in
    der DACH-Region oder im benachbarten Ausland.
  • Der Umsatz beträgt ab rund zwei
    Millionen aufwärts.
  • Die digitalen Lösungen sollen
    Optimierungen für Dokumenten­intensive Branchen bringen.

Bewerbung: nextlevel@fabasoft.com

Weitere Information unter:
diepresse.com/nextlevelinitiative

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