Biodiversität

Schlagabtausch um Artenvielfalt in Österreich

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Eine Strategie, um das Sterben der Arten zumindest zu bremsen, geriet am Donnerstag unter Beschuss, noch ehe sie beschlossen war.

Seit mehr als eineinhalb Jahren wird die Biodiversitäts-Strategie 2030+ verhandelt, in der letzten Runde schert nun die Landwirtschaftskammer Österreich (LKÖ) aus und torpediert das Grundsatzpapier. Noch während die Biodiversitätskommission – eine Runde von einigen Dutzend Experten und Betroffenen – am Donnerstag den Letztstand des Entwurfs diskutierte, verschickte die LKÖ zu Mittag eine Aussendung.

Deren Titel gab die Richtung der Argumentation vor: „Biodiversitätsstrategie gefährdet Versorgung und Umweltschutz“. In dem Statement meint Josef Moosbrugger, Präsident der österreichischen Landwirtschaftskammer, dass das Motto lauten müsse: „Schützen durch nützen“. Der Agrar-Funktionär wandte sich auch vehement gegen die Halbierung des Einsatzes von Pestiziden, dies hätte einen Rückgang von einem Achtel der Lebensmittelproduktion zur Folge. Er warnte davor, dass sich „Ministerin Gewessler mit ihrem Team ins stille Kämmerlein zurückziehen".

Auf Expertinnen-Ebene laufen die Diskussionen um die Biodiversitäts-Strategie (die aufgrund von EU-Vorgaben zu erstellen ist) seit einem guten Jahr, sowohl in Sitzungen, als auch in Arbeitsgruppen. Dabei haben sich die Vertreter der Landwirtschaft, gemeinsam mit jenen des Landwirtschaftsministeriums, stark eingebracht, wenn es um Umformulierungen des Texts der Strategie geht.

Mediale Enthaltsamkeit war vereinbart

In der Phase, in der Gespräche laufen, war innerhalb der Kommission vereinbart worden, dass keine öffentlichen Statements abgegeben werden. Das Vorpreschen der LKÖ wurde von anderen Kommissionsmitgliedern als Vertrauensbruch gewertet und führte zu teils heftigen Diskussionen in der Sitzung am Donnerstag, die für den ganzen Tag anberaumt worden ist.

Als Reaktion auf die Aussendung der Kammer melden sich im Verlauf des Nachmittags die SPÖ-Umweltsprecherin Julia Herr, der World Wide Fund for Nature (WWF) und Gloibal 2000 zu Wort. Der WWF wirft den Vertretern der Land- und Forstwirtschaft „monatelange Blockade“ der Strategie vor. „Ernährungssicherheit erfordert eine intakte Natur und fruchtbare Böden. Daher braucht es einen nationalen Kraftakt, um die Naturzerstörung und das Artensterben zu stoppen. Die Politik muss jetzt endlich vom Reden ins Handeln kommen und den Schutz der Biodiversität auf allen Ebenen stärker verankern und umsetzen“, sagt Arno Aschauer, Teamleiter des Bereichs „Arten und Lebensräume“ des WWF. „Wissenschaftliche Fakten sind nicht verhandelbar”, ergänzt Julia Balach vom WWF-Jugendnetzwerk Generation Earth.

Martin Wildenberg, Artenschutz-Sprecher von Global 2000, sieht das Vorpreschen der Kammer als „grobes Foul“, sagt, dass die (von der Landwirtschaftskammer behauptete) Vorreiterrolle Österreichs beim Artenschutz ein „Mythos“ sei, und fordert: „Wir müssen hier alle an einen Strang ziehen um unsere Natur zu erhalten!“

Julia Herr wiederum betont, dass es angesichts auch des jüngsten Berichts des IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change) „umso wichtiger ist, die Vorgaben der EU-Biodiversitätsstrategie einzuhalten und entsprechende Maßnahmen nicht aufzuweichen. Völlig unverständlich ist auch der Zugang des ‚Weiter-wie bisher‘ bei der Verwendung von Pflanzengiften, zumal die desaströsen Auswirkungen auf die Artenvielfalt völlig unbestritten sind“, so die SPÖ-Sprecherin für Umwelt und Klimaschutz abschließend.

Trotz der Turbulenzen wurde die Sitzung der Biodiversitäts-Kommission fortgesetzt. „Die Presse“ wird über Ergebnisse und deren Bedeutung berichten.

>> Aussendung der LKÖ-Präsident

>> Aussendung des World Wide Fund for Nature (WWF)

>> Aussendung von Julia Herr, der Umweltspreherin des SPÖ-Nationalrats-Klubs

>> Aussendung von  Global 2000

>> IPCC

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