Solidaritätsbesuch

Von der Leyen und Borrell besuchen Kiew und Butscha

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Am Freitag wird außerdem die Vertretung der Europäischen Union in Kiew nach sechs Wochen wieder eröffnet.

Als erste westliche Spitzenpolitikerin hat sich EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen nach Bekanntwerden von Kriegsverbrechen im Kiewer Vorort Butscha ein Bild von der Lage gemacht. Die deutsche Politikerin sah sich dort am Freitag unter anderem 20 exhumierte Leichen aus einem Massengrab an und entzündete in einer Kirche Kerzen für die Opfer der Gräueltaten. Nach dem Abzug russischer Truppen aus Butscha war am Wochenende ein Massaker an Zivilisten bekannt geworden.

Zuvor hatte die deutsche Politikerin am Freitagmittag nach langer Zugfahrt mit ihrer Delegation die ukrainische Hauptstadt Kiew erreicht. Dort wollte sie unter anderem den Präsidenten Wolodymyr Selenskyj treffen. Die Reise sei ein "deutliches Zeichen der Unterstützung für die Ukrainer", sagte von der Leyen auf dem Weg nach Kiew. Das Land brauche dringend Hilfe.

Fünftes Sanktionspaket beschlossen

Als Reaktion auf das Massaker hatte von der Leyen ein fünftes Sanktionspaket gegen Russland vorgeschlagen, das mittlerweile von den EU-Staaten beschlossen wurde. Es enthält unter anderem ein Importverbot für Kohle aus Russland, aber auch weitere Beschränkungen für den Handel mit Russland und ein weitgehendes Einlaufverbot für Schiffe unter russischer Flagge in EU-Häfen. Der ukrainische Präsident Selenskyj forderte jedoch sogleich härtere Maßnahmen.

Von der Leyen wird von einer Delegation begleitet, der auch der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell, der slowakische Ministerpräsident Eduard Heger und mehrere EU-Parlamentarier angehören. Für die nächsten Tage hat auch Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) einen Besuch in Kiew angekündigt. "Diese Reise ist ein deutliches Zeichen der Unterstützung für die Ukrainer", sagte von der Leyen auf dem Weg nach Kiew.

Von der Leyen war am späten Donnerstagabend mit einem Sonderzug in der nur 13 Kilometer von der Grenze entfernten südpolnischen Kleinstadt Przemysl aufgebrochen. Dort kommen immer noch jeden Tag Tausende Flüchtlinge in der Europäischen Union an, zu Hochzeiten waren es teils mehr als 100.000 pro Tag.

EU-Vertretung in Kiew wiedereröffnet

Gut sechs Wochen nach Beginn des Krieges in der Ukraine wird die Vertretung der Europäischen Union in Kiew am Freitag wiedereröffnet, kündigte der EU-Außenbeauftragte Borrell auf der Zugfahrt an. Das Land sei noch immer unter der Kontrolle der Ukrainer, sagte Borrell. Mit Blick auf die Zugfahrt durch das Land sagte der Spanier: "Man hat nicht das Gefühl, im Krieg zu sein."

Borrell kündigte zudem an, 7,5 Millionen Euro für die Ermittlungen zur Verfügung zu stellen, die die Ukraine nach den Kriegsverbrechen in dem Kiewer Vorort Butscha und an anderen Orten durchführt.

Bei dem Besuch in Kiew soll Borrell zufolge auch darüber beraten werden, wie vor allem die militärische EU-Unterstützung für die Ukraine im Kampf gegen Russland besser gesteuert werden könne. Er zeigte sich zuversichtlich, dass die EU-Staaten seinem Vorschlag in den kommenden Tagen zustimmen, der Ukraine zusätzliche 500 Millionen Euro zur Unterstützung der ukrainischen Streitkräfte in ihrem Kampf gegen die russische Armee bereitzustellen. Damit würden sich die zur Verfügung stehenden Mittel auf 1,5 Milliarden Euro erhöhen.

Energiefrage als „großer Elefant im Raum"

In der EU wird derzeit heftig diskutiert, in welchem Umfang und welchem Tempo die Einfuhr russischer Energie wegen des Kriegs gestoppt werden sollte. Schätzungen des Ökonomen Simone Tagliapietra von der Denkfabrik Bruegel zufolge gibt die EU derzeit täglich 15 Millionen Euro für Kohle, etwa 400 Millionen Euro für Gas sowie 450 Millionen Euro für Öl aus Russland aus.

Mit Blick auf den Besuch in Kiew und die Energiefrage sagte Borrell: "Das ist der große Elefant im Raum." Die EU-Staaten haben zwar gerade erst einen Importstopp für Kohle mit viermonatiger Übergangszeit beschlossen. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskij forderte jedoch umgehend härtere Maßnahmen.

Borrell bekräftigte auf der Fahrt nach Kiew, dass ein Öl-Embargo wohl früher kommen werde als ein Gas-Embargo. Auch Österreich ist zu rund 80 seiner Gasreserven aus Russland abhängig und lehnt ein solches Embargo bisher ab. Beim EU-Außenministertreffen am Montag werde das Thema der Energie-Sanktionen auf dem Tisch liegen.

(APA/dpa)

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