Fluggastrechte

Flugverspätung in den USA: Airline muss zahlen

Der EuGH stärkte die Fluggastrechte bei Verspätungen.
Der EuGH stärkte die Fluggastrechte bei Verspätungen. (c) REUTERS (BRENDAN MCDERMID)
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Der EuGH stärkt bei Flugverspätungen die Rechte von Passagieren: Auch wenn die Verspätung in einem Drittland passiert, kann ein Anspruch auf Entschädigung bestehen.

Wien. Flugverspätungen sind ärgerlich – und die Bereitschaft von Airlines, Passagiere für solche Unannehmlichkeiten zu entschädigen, hält sich teils immer noch in Grenzen. Ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) stärkt nun jedoch die Fluggastrechte und lässt Verbraucherschützer aufatmen.

Ein Anspruch auf Entschädigung auf Basis der EU-Fluggastrechte-Verordnung kann demnach selbst dann bestehen, wenn die Verspätung während eines Reiseabschnitts im Hoheitsgebiet eines Drittlandes aufgetreten ist und die Airline ihren Sitz außerhalb der EU hat. Hat die Verspätung mehr als drei Stunden betragen, gilt der Flug zudem als „annulliert“. Fluggästen können dann bis zu 600 Euro Entschädigung zustehen, entschied der EuGH (C-561/20).

Es war ein Rechtsstreit, der sich über lange Zeit hinzog, es ging um einen Fall aus dem Jahr 2018. Drei Personen hatten bei der Lufthansa eine Reise von Brüssel nach San José (USA) gebucht, mit einer einzigen Buchung, jedoch in zwei Teilabschnitten mit Zwischenlandung in Newark.
Beide Teilflüge führte die US-Fluglinie United Airlines durch. Wegen technischer Probleme verzögerte sich der zweite Teil der Reise, die Verspätung bei der Ankunft in San José machte letztlich 223 Minuten aus.

Verstoß gegen Völkerrecht?

Die US-Airline war dennoch nicht bereit, den Fluggästen eine Entschädigung zu zahlen. Sie argumentierte, es sei ja erst beim zweiten Reiseabschnitt in den USA zu der Verspätung gekommen – und dort gelte die EU-Verordnung nicht. Der Streitfall landete vor einem Gericht in Brüssel, und auch dieses war sich über die Geltung der EU-Regeln für diesen Flug nicht im Klaren.

Es fragte den EuGH, ob die Fluggastrechte-Verordnung zur Anwendung kommt, wenn einerseits die Verspätung auf einen Teilflug, der gänzlich außerhalb des Unionsgebiets durchgeführt wurde, zurückzuführen ist – und andererseits die ausführende Fluggesellschaft ebenfalls nicht in der Union ansässig ist. Das Gericht hatte Bedenken, dass es gegen das Völkerrecht und den Grundsatz, dass jeder Staat die ausschließliche Hoheit über seinen Luftraum besitzt, verstoßen könnte, wenn auf einen solchen Fall Unionsrecht angewendet wird.

Der EuGH gab in beiden Punkten Entwarnung: Der Ort der Verspätung hat demnach keinerlei Einfluss auf die Geltung der EU-Entschädigungsregeln, sofern es sich um einen einheitlich gebuchten Flug mit Anschlussflügen handelt und der ursprüngliche Abflugort in der Union gelegen ist. Ein solcher Flug mit Umsteigen ist demnach als Gesamtheit zu betrachten. Und ob eine Verzögerung beim ersten oder zweiten Streckenabschnitt der Reise passiert, ist für die Passagiere egal, es läuft für sie auf dieselben Unannehmlichkeiten hinaus.

Auch ob die ausführende Airline ihren Sitz in der EU hat, spielt in einem solchen Fall keine Rolle. Von Bedeutung wäre das nur, wenn es um einen Flug geht, der vom Gebiet eines Drittstaats in ein EU-Land führt.
Ein Verstoß gegen Völkerrecht liegt laut dem Urteil ebenfalls nicht vor: Für die Anwendbarkeit der Verordnung müsse eine enge Verbindung zur Union bestehen, und wenn der Abflugort in einem EU-Land liegt, sei das der Fall.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.04.2022)

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