Der Mediator

Moskaus Parallelaktion auf Twitter & Co.

Neuer Anstrich für ein Denkmal des Antifaschismus aus kommunistischer Zeit im Zentrum von Sofia. So zeigt man in Bulgarien mit der Ukraine Solidarität.
Neuer Anstrich für ein Denkmal des Antifaschismus aus kommunistischer Zeit im Zentrum von Sofia. So zeigt man in Bulgarien mit der Ukraine Solidarität.(c) REUTERS (SPASIYANA SERGIEVA)
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Wer in sozialen Medien den Botschaften Russlands folgt, erfährt eine alternative Realität voll Zorn und Selbstmitleid. Das Prinzip dürften sie von Pippi Langstrumpf ausgeborgt haben: „Ich mach' mir die Welt, widdewidde wie sie mir gefällt.“

Einige Kanäle für russische Propaganda sind im bisherigen Verlauf des Angriffskrieges gegen die Ukraine in EU-Ländern gekappt worden, etwa der TV-Kanal RT, vormals „Russia Today“. So teilte die zuständige Medienanstalt Berlin-Brandenburg diese Woche mit, dass RT DE seine Aktivitäten in Deutschland, wie gefordert, eingestellt habe. Dabei wäre es gerade jetzt interessant zu wissen, welche (Des-)Informationen Moskaus Machthaber in alle Welt schicken. Dann sieht man auch, wie sie ticken.

Was sondern russische Botschaften in unseren Breiten auf ihren Twitter-Accounts ab? Ein paar Klicks schaffen Gewissheit: Es gibt Parallelwelten, die ihre eigenen Wahrheiten erfinden. Als ob es in Krisen nicht ohnehin besonders schwer wäre, so etwas wie Objektivität zu erhalten. Die Wahrheit zählt ja zu den ersten Opfern des Krieges.

Schändung. Fast überall in der Welt mögen Menschen noch immer über mutmaßlich russische Gräueltaten im Kampfgebiet entsetzt sein. Was schockiert derweil die Botschaft der Russischen Föderation in Berlin? „Wir sind zutiefst empört über die ungeheuerliche Schändung des Ehrenmals für sow. Befreier im Trepower Park. Diese frevelhafte Aktion ist eine zynische Missachtung des Gedenkens an diejenigen, die für die Befreiung der Welt vom Nazismus ihr Leben hingaben.“ Was war in Berlin wirklich geschehen? Geht es in der deutschen Hauptstadt bereits so schrecklich zu wie am Dnjepr? Viel schlimmer für Diktatoren-Fans: Auf ein Stein-Relief wurde „Putin = Stalin“ gesprüht, ganz in Rot. Auf dem Sockel unter dem monumentalen Sowjet-Helden mit gewaltigem Schwert und Kind im Arm steht: „Why?“ Solche Graffitis sind aus Moskauer Sicht wohl ein Fall für die UNO oder für Den Haag.

Aber was sagt man zu den Massakern an den Ukrainern? Laut Russland alles frei erfunden. Die Botschaft in Berlin zitiert den eigenen Außenminister: „#Lawrow: Durch die ukrainische Provokation in #Butscha wollte man Aufmerksamkeit vom russisch-ukrainischen Gesprächsprozess abziehen. Man will davon ablenken, dass die ukrainische Seite nach den Gesprächen Istanbul versuchte zurück zu rudern und neue Bedingungen aufzustellen.“ [sic!]

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