Gastbeitrag

Die „österreichische Limited“: Ein Ende mit Schrecken

Als Folge des britischen EU-Austritts haben Limiteds mit Hauptverwaltungssitz in Österreich hier die Rechtsfähigkeit verloren. Die Gesellschafter haften nach einem OGH-Urteil jetzt persönlich.

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Linz. Die „Josef Hinterkletzenmayr Bau Ltd (Limited), Afiesl am Walde“ war eine beliebte „österreichische“ Gesellschaftsform, solang das Vereinigte Königreich Mitglied der EU war. Der Brexit beendete auch die Möglichkeit, Limited Liability Companies (LLCs) mit dem Hauptzweck zu errichten, eine Zweigniederlassung in Österreich zu gründen oder gar den Verwaltungssitz hierher zu verlegen. Doch was geschieht mit „österreichischen“ LLCs, die vor dem Brexit keine Änderung ihrer Rechtsform (etwa: Einbringung des Betriebs in eine inländische GmbH) vorgenommen haben?

Juristische Personen als Betreiber von Unternehmen schützen ihre Gesellschafter vor der Haftung mit deren Privatvermögen. Eine juristische Person (etwa eine GmbH) haftet nur mit ihrem Vermögen, nicht aber mit demjenigen ihrer Gesellschafter. Seit dem EU-Beitritt Österreichs 1995 war die britische „Limited“ auch hierzulande sehr beliebt, da sie den Gesellschaftern diesen Schutz bot und zudem ohne ein bestimmtes Mindestgesellschaftskapital gegründet werden konnte. Selbst eine gründungsprivilegierte GmbH erfordert im Gegensatz dazu anfänglich 5000 Euro.

„Brille des Gesellschaftsrechts“

Was ist also jetzt mit den bestehenden Limiteds? Das hat der Oberste Gerichtshof jüngst geklärt (9 Ob 74/21d). Infolge des Brexits ist eine britische Limited Liability Company mit dem Hauptverwaltungssitz in Österreich als solche nicht mehr rechtsfähig. Sie wird damit aber nicht zu einem rechtlichen Nichts, sondern ist „durch die Brille (des . . .) österreichischen Gesellschaftsrechts“ zu beurteilen. Der Blick des OGH durch diese Brille lässt die Limited zu einer Gesellschaft nach bürgerlichem Recht werden. Gibt es nur einen Gesellschafter, so geht das Gesellschaftsvermögen im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf diesen als Einzelunternehmer über.

Das bedeutet: Offene Forderungen der ehemaligen Limited können von den (ehemaligen) Gesellschaftern dieser Limited im eigenen Namen eingeklagt werden. Das war auch der Anlassfall für die Entscheidung des OGH.

Weitreichender dürfte aber sein, dass mit Ende 2020 die Verbindlichkeiten (Schulden) der „österreichischen Limiteds“ auf deren Gesellschafter als persönlich Haftende (!) übergegangen sind. All diejenigen Gesellschafter von vielleicht schon finanziell angeschlagenen „österreichischen Limiteds“, die sich eine Hauptsitzverlegung in das Vereinigte Königreich oder die Einbringung des Unternehmens in eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung „erspart“ haben, haften jetzt plötzlich persönlich mit ihrem Vermögen. Für die Gläubiger von finanziell angeschlagenen ehemaligen „österreichischen Limiteds“ ist dies eine gute Nachricht, denn Urteile österreichischer Gerichte verjähren in 30 Jahren – und so lang kann man damit gegen die Gesellschafter der ehemaligen Limited Exekution führen.

Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Gesellschafter (Mensch) im Lauf von 30 Jahren zu Vermögen kommt, ist deutlich höher, als dass dies einer schwer angeschlagenen juristischen Person gelingt, die vielleicht ihren Betrieb bereits eingestellt hat. Immerhin kann ja der Gesellschafter im Lauf von 30 Jahren zum Beispiel Mutters Haus erben. Sich des Erbes zu entschlagen hilft auch nicht, das verhindert die Anfechtungsordnung.
Hat man vor dem 31. 12. 2020 erfolglos Exekution gegen eine „österreichische Limited“ geführt, bietet sich jetzt die Titelergänzungsklage an, wonach jetzt gegen die Gesellschafter selbst aufgrund des Urteils gegen die Limited Exekution geführt werden kann. Eine Prüfung der Vermögenslage solcher Gesellschafter durch die Gläubiger einer „österreichischen Limited“ lohnt sich wohl allemal.

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