Zwischentöne

Hier spricht die Musik. Und wir verstehen sie alle!

Nicht einmal Benefizkonzerte für Kriegsopfer sind heutzutage davor gefeit, unter die Räder militanter Moralapostel zu geraten.

Allen Unkenrufen zum Trotz sind MusicAeterna und Teodor Currentzis nach Wien gekommen. Heute, Montag, und morgen wird im Konzerthaus musiziert. Zwar, der Chor, der zu dieser Musikergemeinschaft gehört, ist nicht aus Russland mitgekommen. Aber es wäre auch kühn gewesen in diesen Tagen, wie geplant, Beethovens Schiller-Hymnus „Freude, schöner Götterfunken“ anzustimmen. Stattdessen gibt man am Dienstag im Verein mit dem Pianisten Alexandre Kantorow eine Auswahl aus langsamen Sätzen aus Konzerten und Symphonien von Bach, Mozart, Beethoven, Ravel, Brahms, Barber, Pärt und Tschaikowsky. Und man wird gut daran tun, sich zu vergegenwärtigen, dass in Currentzis' Orchester nicht nur Russen, sondern auch Ukrainer, Georgier, Weißrussen, Türken, Spanier, Italiener und Deutsche mitwirken.

Und das vermutlich keiner von ihnen beim Spielen etwa des Adagios aus Brahms' B-Dur-Konzert je darüber nachgedacht hat, ob der Komponist nun an Beethovens (diesfalls abgesagtes) „Alle Menschen werden Brüder“ geglaubt hat, oder ob er seine gar nicht zimperlichen deutschnationalen Auslassungen so ernst gemeint hat, wie sie sich für Nachgeborene lesen. Die Musik handelt weder vom einen noch vom andern, so viel ist sicher. Ihre pure Schönheit kann im allerbesten Fall tröstlich wirken.

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