Österreichs Bundeskanzler traf den russischen Präsidenten im Kreml, um ein „hartes“ Gespräch zu führen. Die Meinungen dazu gehen auseinander. Diskutieren Sie mit!
Österreichs Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) brach nach einem Besuch in der Ukraine überraschend nach Moskau auf, wo er den Kriegsherrn Wladimir Putin zu einem 75-minütigen Gespräch traf. Das Gespräch sei „sehr direkt, hart und offen“ gewesen, sagt Nehammer. Positive Eindrücke habe er nicht gewonnen, maximal einen kleinen Hoffnungsschimmer. Er sah den Kurztrip als „Pflicht“ an. „Persönliche Diplomatie“ sei gefragt. An Nehammers „umstrittenener Feuertaufe als Krisendiplomat“ gab es jedenfalls sowohl im Inland als auch auf europäischer Ebene viel Kritik, wie in einer „Presse"-Analyse nachzulesen ist.
Ein Name, der im Zusammenhang mit Nehammers Reise öfter fällt, ist Kurz. AuchUlrike Weiser schreibt dazu in einer Glosse: „Es war eigentlich eine Aktion, die man eher Sebastian Kurz zugetraut hätte“. Innenpolitisch dürfte sich die Aktion trotz Kritik der Grünen ausgezahlt haben, schreibt Weiser weiter. „Seine Kiew-Reise nannte die 'Krone“ ein 'Risiko für die Neutralität Österreichs'. Der Trip nach Moskau ist insofern auch ein Signal: Seht her, wir reden mit beiden Seiten. Und eben genau das ist im rot-weiß-roten Selbstverständnis nach wie vor fest verankert.“
Und Anna Thalhammererklärt in einer Analyse: „Mit den Besuchen in Kiew und Moskau schlägt Karl Nehammer erste Pflöcke seiner Kanzlerschaft ein. Ex-'Bild'-Chef Kai Diekmann kümmert sich um die mediale Begleitmusik“.
Auch Wieland Schneider betrachtete die Nehammer-Mission in einem Leitartikel kritisch, er schreibt aber auch: „Wenn es eine Chance gibt, die schreckliche Situation der Menschen in der Ukraine zu verbessern, muss jeder Strohhalm ergriffen werden.“ Ob sich Putin allerdings vom österreichischen Kanzler, der laut eigenen Angaben auch die Kriegsverbrechen in der Ukraine angesprochen hat, beeindrucken habe lassen, sei fraglich.
Bei den Leserinnen und Lesern der „Presse“ gehen die Meinungen jedenfalls weit auseinander: „Bis gestern habe ich es für selbstverständlich gehalten, dass sich nie wieder ein Präsident oder Kanzler eines demokratischen Staates mit Putin treffen wird. Ich habe mich leider geirrt!“, kommentiert bmandel online. Rudolf Brandstätter kritisiert in einem Leserbrief den „europapolitischer Alleingang“: „Weniger Show und mehr seriöse Politik wären nützlicher!“ User Vordergrund kann der Mission dagegen im „Presse"-Forum einiges abgewinnen: Nehammer mache den Besuch immerhin in Absprache „mit den EU-Granden“, außerdem sei es „eine Demonstration der Neutralität Österreichs“. Und weiter: „Konstruktive Gespräche sind immer gut, auch wenn es nicht helfen sollte, schaden tut es auch nicht!"
(sk)
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