Schule: Prölls Kniefall oder Erfolg über Länder?

(c) Clemens Fabry
  • Drucken

Was trieb Josef Pröll zum Schulterschluss mit den VP-Landeshauptleuten? Pröll glaubt inhaltlich im Gegensatz zu den meisten Bildungsexperten des Landes tatsächlich an die neue ÖVP-Linie.

Wien. Es war ein symbolträchtiges Bild, wie es die SPÖ-Politiker lieben: Dicht umringt von den mächtigen schwarzen Landeshauptleuten stand da Finanzminister Parteichef Josef Pröll und verkündete namens des gesamten ÖVP-Teams die neue Parteilinie in der Bildungspolitik. Alle Lehrer in die Länder, lautete sein neues Credo. Er lächelte, als habe er gerade einen großen Erfolg erzielt. In der SPÖ lehnte man das prompt scharf ab und spricht hinter vorgehaltener Hand, dass Josef Pröll eben seinem Onkel, dem niederösterreichischen Landeshauptmann Erwin Pröll, gehorche.

Stimmt nicht, heißt es in der ÖVP. Es sei Bundeskanzler Werner Faymann gewesen, der schon vor Längerem Niederösterreichs Landeshauptmann diese Verwaltungsreform zugesagt habe. Doch der Kanzler habe dieses Vorhaben in seiner Partei nicht kommuniziert. Als Unterrichtsministerin Claudia Schmied dann von dem Plan gegen ihre bisherige Position erfuhr, sei es zu spät gewesen. Faymann habe sich von seiner alten Zusage stillschweigend verabschiedet, so ein hochrangiger ÖVP-Politiker. Doch selbst ein solcher räumt ein, dass der Auftritt Josef Prölls an der Seite jener Landeschefs, die ihm noch vor Kurzem wegen des Sparpakets mit einer Klage vor dem Verfassungsgericht gedroht hatten, nicht ideal gewesen sei. Man hätte ihn als Kniefall werten können.

Was also bewog Josef Pröll zu diesem bemerkenswerten Termin? In erster Linie war es wohl – positiv formuliert – Prölls unbändiger Arbeitseifer oder – weniger freundlich – seine Hyperaktivität. Pröll könne einfach nicht stillhalten, sondern müsse jedes Thema an sich reißen und besetzen – egal, wie hoch das Risiko sei. So war es auch mit den Lehrern, die Länder drängten, die SPÖ bremste. Was machte Pröll? Überraschend stellte er sich an die Spitze der Länder.

Vor allem aber glaubt Pröll inhaltlich im Gegensatz zu den meisten Bildungsexperten des Landes tatsächlich an die neue ÖVP-Linie, die medial bisher nur nicht richtig kommuniziert hätte werden können, heißt es im Umfeld Prölls. Schon heute seien De-facto-Kompetenzen über Bundeslehrer teils in den Ländern. So sind in mehreren Bundesländern wie etwa in Wien die Landeshauptleute gleichzeitig Präsidenten des Landes- beziehungsweise Stadtschulrates. Als solche wären sie zwar Vertreter des Bundes, de facto könnten sie bereits ihre eigene Personalpolitik machen – etwa bei Direktoren-Bestellungen.

Jammervoll in der Volkspartei

Diese Kompetenz könne man daher an die Länder übergeben, so es neue finanzielle Regeln wie Kopf-Quote und klare Controlling-Möglichkeiten des Bundes gebe. Und: Diese Festlegung sei die erste Verwaltungsreform dieser Regierung.

In einem zentralen Punkt habe sich Josef Pröll ohnehin voll durchgesetzt, heißt es in der ÖVP: Die Entscheidung über die Schulorganisation – den Schultyp – treffe die Bundesregierung. Die Angst vor neun verschiedenen Schulsystemen sei die Hauptkritik gegen die Kompetenzverschiebung zu den Ländern. Dass dies nicht komme, sei der eigentliche Erfolg Josef Prölls, meint man in seiner Partei. Wiens Bürgermeister, Michael Häupl, habe etwa das Gegenteil verlangt, Faymann dem nicht öffentlich widersprochen. Nur schreibe das keiner, heißt es da etwa ein wenig jammervoll. Also in der neuen Stimmungslage der ÖVP.

Auf einen Blick

Am Freitag stellte sich ÖVP-Chef Vizekanzler Josef Pröll demonstrativ an die Seite der schwarzen Landeshauptleute von Niederösterreich, Oberösterreich, Tirol und Vorarlberg: Die bisherigen Bundeslehrer an den AHS, berufsbildenden mittleren und höheren Schulen sollten künftig von den Ländern angestellt werden, nicht mehr nur die Pflichtschullehrer. Außerdem sollten die Direktoren von den Ländern selbst bestellt werden, und die Schulverwaltung solle an die Länder gehen. Pröll drängt auf eine „Bildungsdirektion“ pro Bundesland, in denen die Bezirksschulräte und Landesschulräte aufgehen sollen.

Der Bund solle künftig „nur“ noch die Bildungsziele und Schultypen – von der Gesamtschule bis zur differenzierten Schule – vorgeben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.11.2010)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Lehrerstreit Voves Kompromissvorschlag
Schule

Lehrerstreit: "Auf höchster Ebene verhandeln"

Die Landeshauptleute halten die Schuldebatte am Köcheln. Franz Voves bringt einen Kompromiss ein. Die Frage soll mit Kanzler, Vize und Ministerin verhandelt werden.
Schule

Experte: Bildungsdirektionen "fast Geschmacksfrage"

Wichtigster Grundsatz in der Schuldebatte laut Verfassungsrichter Lienbacher: Aufgaben- und Ausgabenverantwortung müssten gekoppelt werden, damit derjenige, der entscheidet, auch dafür zahlt.
Schmied Karl fuer mehr
Schule

Schmied und Karl für mehr Schulautonomie

Unterrichtsministerin Schmied tritt weiter für Bundeskompetenz im Schulbereich ein, Wissenschaftsministerin Karl für einen "wohldurchdachten Föderalismus" und mehr Autonomie für die Standorte.
Schulverwaltung wofuer zustaendig
Schule

Schulverwaltung: Wer wofür zuständig ist

Bund, Länder, Bezirke, Gemeinden: Das Zusammenspiel zwischen den Behörden im Schulbereich ist kompliziert. Wer derzeit wofür zuständig ist.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.