Logistik

Mit KI gegen Lebensmittelverschwendung

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Forschung. Wie kann künstliche Intelligenz den Handel bei der bedarfsgerechten Bestückung der Filialen unterstützen? Wie sollen Online-Supermärkte mit verderblichen Waren umgehen? Solche Fragen werden derzeit in Projekten untersucht.

Die Zahlen sind beschämend: Mehr als eine Million Tonnen an genießbaren Lebensmitteln landet hierzulande im Müll. Damit soll es aber bald vorbei sein: Den EU-Vorgaben folgend, sieht ein vom Klimaschutzministerium erstellter Aktionsplan eine Reduktion der Lebensmittelverschwendung von 30 Prozent in den Bereichen Handel, Außer-Haus-Konsum und private Haushalte bis 2025 vor. Bis 2030 wird eine Reduktion um 50 Prozent angestrebt.

Neues Prognose-Tool

Das Forschungsprojekt „Appetite“ – Projektpartner in dem von der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft FFG für die nächsten drei Jahre geförderten Projekt sind neben Fraunhofer Austria Research die TU sowie die WU Wien, Invenium Data Insights, IT-Power Services sowie die Handelsketten Spar, Metro und Kastner – will einen Beitrag dazu leisten: Ziel ist nämlich die Entwicklung eines Prognose-Tools, das basierend auf Methoden der künstlichen Intelligenz (KI) und der Verarbeitung unternehmensinterner sowie externer Daten Angebot und Nachfrage auf regionaler Ebene besser in Einklang bringt.
Grundlage der Studie bilden die Kassa- und Logistikdaten der Projektpartner aus dem Lebensmittelhandel, aus denen abgelesen werden kann, was in welchen Filialen verkauft wird. Da weiters externe Daten wie etwa das Wetter oder in der Umgebung durchgeführte Veranstaltungen die zu erwartenden Verkäufe beeinflussen, werden auch Wetterinformationen und Mobilfunkdaten in das Modell mit einfließen. Die Prognosen sollen letztlich dazu führen, dass die Handelsketten zeitgerecht den Bedarf erkennen und entsprechend reagieren können. „Wir wollen schon im Vorfeld verhindern, dass es zu einer Verschwendung kommen wird, und nicht dann erst Produkte retten, wenn es fast schon zu spät ist“, sagt Alexandra Birkmaier, die bei Fraunhofer Austria die Projektleitung innehat. Und selbst wenn in der innerbetrieblichen Logistik nicht mehr rechtzeitig eingegriffen werden kann, etwa weil die Belieferung der Filialen für den Tag bereits abgeschlossen ist, sei zumindest ein Informationsvorsprung gewonnen: Organisationen, die Lebensmittel retten, könnten dann bereits im Vorfeld informiert und die Ware früher weitergegeben werden.
Eine andere, von der Coca-Cola GmbH beauftragte Projektstudie, die vom Österreichischen Ökologie-Institut und der Umweltagentur AQA konzipiert und umgesetzt wurde, hat sich möglichen Faktoren für Lebensmittelabfälle bei Online-Supermärkten gewidmet.

Wege im Online-Versand

„Wir haben untersucht, inwieweit bereits innovative Wege in der Transportverpackung gegangen werden und wie die Balance zwischen hoher Transport- und Produktsicherheit und der Reduktion von Verpackungsmaterialien sowie Lebensmittelverschwendung gefunden wird“, erläutert Christian Pladerer vom Österreichischen Ökologie-Institut, verantwortlich für Abfall- und Ressourcenmanagement. Fazit der Studie sei, dass zur Vermeidung von Lebensmittelabfällen verderbliche Waren mit möglichst langem Verbrauchsdatum ausgeliefert werden sollten. Auch sollte beim Online-Einkauf die Möglichkeit geboten werden, Waren mit nur noch sehr kurzem Mindesthaltbarkeitsdatum zu gesonderten Konditionen und unter Nennung des spätesten Verbrauches anzubieten.
Wünschenswert wäre weiters, wenn in den wesentlichen Warengruppen die Produkte nach Stück und Gewicht ausgewählt werden könnten – dies ermöglicht einen zielgenauen Mengeneinkauf. „Bestehende Good-Practice-Beispiele aus dem stationären Handel, wie beispielsweise Lebensmittelweitergabe, Anbieten von Bruchware oder Mehrwegverpackungen für das Trockensortiment, könnten auch im Onlinehandel Platz finden und durch niederschwellige Rücknahmesysteme den Rücklauf optimieren und damit Abfälle vermeiden“, betont Stephan Bruck von AQA.

Info

Nach einer Studie des World Wildlife Fund (WWF) aus dem Jahr 2021 werden 40 Prozent der weltweit produzierten Nahrungsmittel nie gegessen.
Entlang der gesamten Wertschöpfungskette werden insgesamt 2,5 Milliarden Tonnen Lebensmittelabfälle produziert, die eigentlich für den Verzehr vorgesehen waren. Beladen auf Lkw ergibt das eine Kolonne, die zwei Mal zum Mond und zurück reicht, so der WWF.

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