Nach den Unruhen am Tempelberg könnten sich die Spannungen zwischen Israel und Palästinensern vollends entladen.
Gerade war der Pilger-Tourismus im Heiligen Land nach Ende der Corona-Restriktionen wieder angelaufen, da erschütterten am Karfreitag neue Unruhen Jerusalem. Wenige Stunden bevor sich unter verschärften Sicherheitsmaßnahmen eine Kreuzweg-Prozession durch die Via Dolorosa und die engen Gassen der Altstadt wälzte, hatten sich am Tempelberg – wie so oft in den vergangenen Jahren – die Spannungen entladen.
Mehr als 150 Verletzte forderten die Zusammenstöße zwischen israelischen Sicherheitskräften und Palästinensern, die sich am neuralgischsten Ort Jerusalems – der Schnittstelle des jüdischen mit dem muslimischen Heiligtum – entzündet hatten. Die Palästinenser hatten jüdische Gläubige mit Steinen beworfen und Knallkörper gezündet. Die Polizei setzte Tränengas, Blendgranaten, Gummigeschosse und Schlagstöcke ein, um die Ausschreitungen rasch zu beenden.
Politik der Abschreckung
Es sollte ein abschreckendes Beispiel sein, wie zuletzt auch Israels Militäraktionen im Westjordanland gegen potenzielle Nachahmungstäter und Sympathisanten von Terrormilizen wie dem IS. Israel war zu einem harten Durchgreifen entschlossen, wie es Premier Naftali Bennett als Antwort gegen die Gewalt und eine neue Terrorserie angedroht hatte. Unruhen am Tempelberg, befeuert von Hamas-Raketen, hatten im Mai des Vorjahrs einen weiteren, elftägigen Gaza-Krieg ausgelöst.
Im von der radikalen Hamas regierten Gaza rumort es bereits wieder, weshalb Israel über das Feiertagswochenende auch die Grenze schloss. Die jüngste Eskalation in Jerusalem kam zu einem heiklen Zeitpunkt – unmittelbar vor Beginn des Pessach- und Osterfests, mitten im muslimischen Fastenmonat Ramadan.
Die israelische Regierung nahm darum Kontakt zur Palästinenser-Führung um Mahmoud Abbas auf. Zugleich verfolgte sie in einer Großaktion das Umfeld der Attentäter im Westjordanland, die in den vergangenen Wochen vier Anschläge mit 14 Toten in Israel verübt hatten – von Hadera im Norden bis Beersheva im Süden. Die tödlichste Terrorwelle seit vielen Jahren traf zuletzt das Zentrum des Nachtlebens in Tel Aviv und forderte drei Menschenleben. Nach einer stundenlangen Verfolgungsjagd erschoss die Polizei den Attentäter in Jaffa, dem arabisch dominierten Stadtteil von Tel Aviv.
Mehrere der Täter stammten aus Dschenin und Umgebung. Bei ihren zumeist nächtlichen Razzien im Westjordanland erschossen die israelischen Spezialeinheiten mindestens 15 Palästinenser.