Am Karsamstag kehren die Glocken aus Rom zurück, sagt man. Vor 70 Jahren kehrte eine besondere Glocke an ihren angestammten Ort zurück: in den Stephansdom.
Einen derartigen Festzug hat das unter alliierter Besatzung stehende Österreich der Nachkriegszeit kaum je erlebt. Musikkapellen und Trachtenvereine, festlich gekleidete Bürger, Fahnenträger standen entlang der Straßen Spalier, als sich vor 70 Jahren eine Glocke auf ihre zweitägige Reise von Linz über Enns, Amstetten, Melk, St. Pölten und den Riederberg nach Wien machte. „Das weite Rund des historischen Stadtplatzes von Enns, das beim Einzug der Glocke einem Fahnen- und Blumenmeer glich, konnte die wartende Menge kaum fassen“, schrieb einer der Berichterstatter.
Es ging um den Transport der neu gegossenen, mehr als 20 Tonnen schweren Pummerin zu ihrem Ziel, dem Wiener Stephansdom. Sie stand auf einem geschmückten Tieflader, die Möglichkeit, sie per Schiff nach Wien zu bringen, wurde verworfen. Das hätte den triumphalen Charakter dieser Fahrt quer durch Demarkationslinien und Diözesangrenzen geschmälert. Der Höhepunkt war für den 26. April 1952, einen Samstag, geplant: Die Glockenweihe wurde zu einem Höhepunkt im Prozess der neu gewonnenen gesamtstaatlichen Identität Österreichs.