Pandemie

Gegen Impfpflicht und Quarantäne

Ist die Impfpflicht auf den Hund gekommen? Tirols Ärztechef hält sie auch längerfristig für nicht mehr nötig.
Ist die Impfpflicht auf den Hund gekommen? Tirols Ärztechef hält sie auch längerfristig für nicht mehr nötig.(c) Die Presse/Clemens Fabry (Clemens Fabry)
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Tirols neuer Ärztekammerpräsident Stefan Kastner sorgt mit seinen Forderungen für Aufsehen. Die Sieben-Tages-Inzidenz rutschte über Ostern in allen Bundesländern unter tausend.

Wien. Infizierte waren zwar auch am Wochenende noch leichter zu finden als manch Osternest: 6227 Neuinfektionen und elf Covid-Tote wurden zwischen Sonntag und Montag registriert. Aber die Corona-Sieben-Tage-Inzidenz ist über das Osterwochenende in allen Bundesländern unter tausend gerutscht. Am Ostermontag lag sie selbst beim Nachzügler Niederösterreich nur noch bei 947,6.

Die Zahl der Tests war jedoch relativ niedrig: Innerhalb von 24 Stunden wurden 79.909 PCR- und Antigen-Schnelltests eingemeldet, von denen 74.020 aussagekräftige PCR-Tests waren. Die Positiv-Rate der PCR-Tests betrug 8,4 Prozent, was über dem Schnitt der vergangenen Woche von durchschnittlich 6,1 Prozent lag. Die Zahl der Spitalspatienten mit einer Covid-19-Erkrankung ist am Montag im Vergleich zu Ostersonntag leicht gestiegen. Um 13 Patienten mehr als am Vortag – insgesamt 1898 – lagen im Krankenhaus. Von ihnen wurden 154 auf Intensivstationen betreut, um sieben weniger als am Ostersonntag und um 54 weniger als vor einer Woche.

Welche Schlüsse soll man nun aus der aktuellen Coronasituation ziehen? Der neue Tiroler Ärztekammerpräsident Stefan Kastner spricht sich dagegen aus, die derzeit ausgesetzte Impfpflicht wieder zum Leben zu erwecken. „Ich sehe keine Notwendigkeit, das wieder zu starten“, sagte er. Aber auch die noch bestehenden Quarantäne-Regeln „braucht es derzeit nicht mehr“, meinte der Mediziner. Selbst über den Sommer hinaus würden diese wegen der weitgehenden Durchseuchung nicht mehr nötig sein, meinte Kastner. Außer es trete wieder eine besonders aggressive und ansteckende Coronavariante auf.

Wie die Grippe behandeln

Der Tiroler Ärztekammerpräsident plädierte dafür – sollte nicht noch eine gefährlichere Coronavariante auftreten – mit dem Virus in Zukunft wie mit einer Grippe umzugehen. Denn viele hätten die Infektion bereits durchgemacht. Für die Risikogruppe sei es richtig, eine Empfehlung zur Auffrischungsimpfung auszusprechen, für alle anderen gebe es genügend Angebot, die Immunität auf Wunsch weiter zu verstärken.

Statt einer staatlich vorgegebenen Quarantäne sei an Hausverstand und Eigenverantwortung zu appellieren, was ja auch schon in Vor-Corona-Zeiten gegolten habe: „Wenn jemand krank ist, bleibt er oder sie zu Hause, also quasi in der selbst verordneten Quarantäne. Wie bei der Influenza auch. Bin ich nicht besonders gut beieinander, kann ich mir eine Maske aufsetzen, um andere zu schützen“, erklärte Kastner. Da und dort werde im Herbst vielleicht noch das Tragen einer Maske vorzuschreiben sein – vor allem im Gesundheitsbereich, im Falle des Falles auch in den öffentlichen Verkehrsmittel, meinte aber der Allgemeinchirurg.

Gewisse Querelen wurden am Wochenende zwischen Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) und der Leitung der für die elektronische Gesundheitsakte verantwortlichen Elga GmbH sichtbar. Elga hatte die Datenschutzbehörde mit der Überprüfung der Impfpflicht befasst – unter anderem kam sie zum Schluss, dass die Impfpflicht verbunden mit Strafen unverhältnismäßig und damit unzulässig sei.

Reibereien um Elga

„Ich war einigermaßen erstaunt, in dieser Datenschutzfolgenabschätzung auch Ausführungen zu finden, die sich auf die Verfassungsmäßigkeit und Zulässigkeit der Impfpflicht an sich bezogen haben“, sagte Rauch der Zeitung „Österreich“. „Sich über bereits gefallene politische Entscheidungen – in diesem Fall eine, die mit breiter Mehrheit im Nationalrat gefallen ist – zu äußern, gehört sicher nicht zu den Aufgaben der Elga-Geschäftsführung“, meinte Rauch.

Indes wurde bekannt, dass die Elga GmbH ab 1. Jänner 2023 eine neue Geschäftsführung sucht, die kaufmännische wie auch die technische Leitung wurde neu ausgeschrieben. (red./APA)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.04.2022)

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