Todesfall

Reaktionen auf Nitschs Tod: "Ich bin ziemlich fertig"

Austrian artist Hermann Nitsch is at work during his 40th ´blood and black paint´ happening in Vienn..
Austrian artist Hermann Nitsch is at work during his 40th ´blood and black paint´ happening in Vienn..(c) Reuters/STR New
  • Drucken

Politiker vom Bundespräsidenten abwärts, Museumschefs und Wegbegleiter würdigten den verstorbenen Hermann Nitsch.

Als erste Politikerin hatte Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) auf den Tod des Künstlers Hermann Nitsch reagiert. "Hermann Nitsch war ein Künstler von Weltrang und einer der bedeutendsten zeitgenössischen Künstler überhaupt. Wir waren und sind unglaublich stolz, dass er eine so tiefe Verbindung zu Niederösterreich hatte und bei uns in Prinzendorf ein Zuhause gefunden hat. Denn Hermann Nitsch war nicht nur ein großartiger Botschafter unseres Landes in der ganzen Welt, sondern auch eine ganz große Persönlichkeit, die gerne in unserem Land gelebt und unserem Land viel gegeben hat", so Mikl-Leitner. "Es war mir eine große Freude und Ehre, Hermann Nitsch in vielen Gesprächen und Zusammentreffen begegnet zu sein. Er war eine schillernde, zuweilen auch polarisierende und umstrittene, aber immer spannende Künstlerpersönlichkeit von weltweiter Bedeutung." Mit dem Nitsch-Museum in Mistelbach habe das Land Niederösterreich "diesem großartigen Universalkünstler ein bleibendes Denkmal gesetzt. (...) Ich bin sicher, noch viele Generationen werden dieses Museum besuchen, um sich von seinen Werken inspirieren und begeistern zu lassen."

"Mit ausdrucksstarken Bildern und Aufsehen erregenden Aktionen hat er die heimische Kunstwelt neu definiert. Nun ist der Großmeister des Aktionismus von uns gegangen: Hermann Nitsch ist tot", so Bundespräsident Alexander Van der Bellen. "Die heimische Kunst ist damit um eine ihrer auch international bedeutendsten Persönlichkeiten ärmer. Konsequent hat Hermann Nitsch über Jahrzehnte hinweg an seinem kultischen Stil gearbeitet, seine Werke und sein Wirken haben niemanden kaltgelassen. Österreich trauert um einen unbestechlichen und faszinierenden Maler und einen beeindruckenden Menschen. Sein Werk wird weiterleben, dessen bin ich mir gewiss", betonte der Bundespräsident.

"Mit dem Tod von Hermann Nitsch verliert Österreich einen großartigen Universalkünstler, der die Kunstszene über sechs Jahrzehnte lang nachhaltig geprägt hat wie kein anderer", ließ Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) verlauten. Nitsch habe "Österreich mit seiner Aktionskunst international positioniert und Kunstgeschichte geschrieben. Er war eine herausragende Persönlichkeit, ein großartiger Botschafter der Kunst, aber vor allem ein sensibler und ganz feinsinniger Mensch."

"Heute hat uns ein wahrhaft einzigartiger Künstler verlassen", formulierte es Kunst- und Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer (Grüne). "Seine vielfältige Auseinandersetzung mit Kunst, Ästhetik, Religion und Philosophie hat Hermann Nitschs Werk förmlich durchzogen. Seine Großformate ziehen Menschen in ihren Bann wie es kaum andere Kunstwerke können. Mit den Orgien-Mysterien-Spielen hat Nitsch außerdem die Grenzen des Kunstschaffens neu definiert." Persönlich beeindruckt habe sie vor allem "seine Durchsetzungskraft und seine Standhaftigkeit trotz aller Kritik, die ihm vor allem zu Beginn entgegengeschlagen ist".

Die Kultursprecherin der Grünen, Eva Blimlinger, würdigte Nitsch als "Gesamtkünstler zwischen Aktionismus, Ritus, Mysterium und Literatur": "Nitsch brannte sich wie kein anderer in das kollektive Gedächtnis und den heimischen künstlerischen Kanon des 20. und 21. Jahrhunderts ein. Mit seinem Tod verlieren wir einen der Mitbegründer des Wiener Aktionismus und einen der größten österreichischen Künstler."

ÖVP-Kultursprecherin Maria Großbauer nannte Nitsch "wegweisend, innovativ, tiefgründig, umstritten, weltoffen und gleichzeitig tief verwurzelt in seine österreichische Heimat." Er bleibe auch nach seinem Tod eine der wichtigsten Künstlerpersönlichkeiten Österreichs. "Wir sind uns dessen bewusst und dankbar, dass er unser aller Leben so bereichert hat."

"Hermann Nitsch war ein Tabubrecher und ein radikaler Avantgardist", so SPÖ-Kultursprecherich Gabriele Heinisch-Hosek. Er "war in seinem umfassenden Verständnis, was Kunst ist, radikal modern. Österreich verliert einen Ausnahmekünstler."

"Ich habe Nitsch durch seine Arbeiten immer als einen durch und durch mutigen Menschen wahrgenommen", so Neos-Kultursprecherin Julia Seidl. "Ein Künstler, der sich von nichts und niemandem abbringen ließ, mit seinen Arbeiten die Menschen emotional zu berühren und aufzuwühlen, zu begeistern und zu provozieren und damit zum Nachdenken anzuregen. Seine Arbeiten haben auch in mir viel Kontroverses ausgelöst. Gefühle, die ich oft schwer einordnen konnte, die jedoch nachhaltig wirken. Er hat etwas Einzigartiges für die Ewigkeit geschaffen."

Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ): "Zunächst als ,Blutkünstler‘ bekämpft und angefeindet, schaffte es Nitsch durch Konsequenz und Hartnäckigkeit, aber auch durch die große Vielfalt seiner Kunst – so inszenierte er am Wiener Burgtheater und an der Wiener Staatsoper und stattete in Bayreuth die ,Walküre‘ aus - zu einem der weltweit wichtigsten Künstler unserer Stadt und unseres Landes zu werden."

Auch der ehemalige niederösterreichische Landeshauptmann Erwin Pröll zeigte sich betroffen. "Verwurzelt und verwachsen war Hermann Nitsch in Niederösterreich", betonte Prölln. "Für meine politische Arbeit haben Nitsch und sein Werk viel an Diskussion und Kritik bedeutet, wenn ich etwa an das Werden des Nitsch-Museums in Mistelbach denke, für das viel Kraft und Überzeugungsarbeit notwendig war. Für mich persönlich war Nitsch ein beeindruckender Mensch und Freund."

"Mit Hermann Nitsch verliert Österreich einen Meister des Gesamtkunstwerks von internationalem Format", reagierte Wiens Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler (SPÖ). "Wie kein anderer Künstler verstand er es, das Rituelle in den Dienst seines Schaffens zu stellen."

Nitsch sei "jahrzehntelang vor allem ein Künstler für Künstler" gewesen und habe "die Kunst nicht nur revolutioniert, sondern auch die Tore zur Aktion, zur Performance, schließlich zum modernen Weihespiel des Orgien-Mysterien-Theaters geöffnet", so Albertina-Direktor Klaus Albrecht Schröder. "Auch äußerlich eine ikonische Figur, die nur mit der Bekanntheit von Andy Warhol und Joseph Beuys verglichen werden kann, lässt allzu leicht vergessen, dass wir mit Hermann Nitsch einen großartigen Menschen verlieren, dessen Charakterstärke, Weisheit und Humanismus ein Vorbild für Generationen sein kann: weit über die Kunst hinaus".

"Mit Nitsch verlässt eine Zentralfigur der Kunstwelt die Bühne. Sein Gesamtwerk sucht in der Kunstgeschichte des 20. Jahrhunderts seinesgleichen, er hat entscheidend zum Wandel unseres Kunstbegriffs beigetragen", so Belvedere-Direktorin Stella Rollig. "Dabei war er immer tief im Wissen um Kunst, Musik, Geschichte, Philosophie und Religion verwurzelt."

"Mit seinem Tod verlieren wir einen Universalisten der Künste, der dem Wesen des Seins durch Kunst nachspürte. Sein scharfsinniger Geist wird uns fehlen", konstatierte Mumok-Direktorin Karola Kraus gemeinsam mit dem Team des Hauses, das sich selbst als internationales Kompetenzzentrum des Wiener Aktionismus und damit auch von Nitsch begreift. In Nitschs Arbeiten spiegelten sich die Konflikte seit den 1960er-Jahren wider: "Der geschichtsverdrängenden und von einem konservativen Katholizismus geprägten österreichischen Nachkriegsgesellschaft hielt die Kunst von Hermann Nitsch und seinen Mitstreitern des Wiener Aktionismus unverhohlen den Spiegel vor. Gegen die gesellschaftliche Flucht in die nationale Opferrolle und das künstlerische Behübschen mit einer verspäteten Modernerezeption setzte Nitsch in seiner Arbeit auf eine Unmittelbarkeit und sinnliche Intensität."

Auch das Nitsch-Museum in Mistelbach zollte am Dienstag seinem Gründungsgeist Respekt und würdigte diesen als "Universalkünstler auf der Suche nach der Symphonie des Weltganzen". Man sei seit der Gründung 2007 sowohl Schauplatz unzähliger Begegnungen und opulenter Installationen gewesen als auch kontemplativer Ort des Seins. "Es ist im Sinne des Künstlers, dass sein Werk in die nächsten Generationen getragen wird, und das Nitsch Museum wird diese Aufgabe mit großem Engagement und entsprechender Verantwortung für Hermann Nitsch erfüllen", verpflichtete sich Direktor Michael Karrer zur Weitergabe des Feuers.

"Hermann Nitsch war mir über viele Jahre ein guter Freund und Wegbegleiter. Er hat mein Leben und mein Verständnis von Kunst nachhaltig geprägt", trauerte in einer Reaktion Sammler Karlheinz Essl über einen "wunderbaren Menschen und Großen der Künste". "Noch bis vor Kurzem hat er mit seiner enormen Schaffenskraft sein künstlerisches Universum gestaltet, mit dem er viele Menschen im besten Sinne erschütterte, erreichte und veränderte", zollte Essl dem Freund seinen Respekt: "Seine Arbeit war brutal und gleichzeitig sanft und getragen von großer Empathie."

"Ich bin ziemlich fertig, obwohl vorbereitet auf sein Hinsterben", sagte der jahrzehntelange Wegbegleiter und Freund Günter Brus. "Genau betrachtet war ja der Hermann derjenige, der von uns (den Wiener Aktionisten, Anm.) am längsten verfolgt worden ist, das war bei mir kürzer, aber auch heftiger". Der Kontakt zu Nitsch sei immer eng gewesen, aber nicht mehr so heftig in den vergangenen Jahren, sagte Brus. "Der Tod ist ja eine Menschheitsfrage, aber es muss eben sein. Es ist schwer mit Worten auszudrücken, was man fühlt, wenn jemand so gut und innig wie der Hermann war".

(APA)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.