Quergeschrieben

Kommt den Populisten der Populus abhanden?

Covid und Putins Krieg mindern die Neigung der Wähler, sich auf Experimente einzulassen. Marine Le Pen dürfte die Stichwahl am Sonntag verlieren.

Das Vertrauen in die Demokratie hat in den pandemischen Jahren 2020–2021 weltweit abgenommen. Einer Studie zufolge, für die das Bennett Institute for Public Policy der Universität Cambridge mehr als eine halbe Million Menschen in 109 Ländern befragte, war dieser Vertrauensverlust in überalterten Gesellschaften besonders ausgeprägt, unter anderem in Österreich und Deutschland, in Japan und Spanien. Das lässt sich leicht erklären. Von Covid bedrohte Risikogruppen erhoffen sich Schutz von der Regierung und neigen dazu, jegliche Kritik an Maßnahmen zur Eindämmung der Seuche als potenziell lebensbedrohend zu betrachten. Impfgegner und „Querdenker“ halten sie deshalb für ihre Feinde.

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Vom Verlust des Vertrauens in die Demokratie profitierten bisher die populistischen Parteien. Das hat sich geändert. Covid hat den Anti-System-Parteien mehr geschadet als den Parteien des Establishments. In Österreich nahm sich die FPÖ aus dem Spiel, als Kickl sie in eine Sekte von Impfgegnern verwandelte. Die AfD, die am heftigsten die Anti-Covid-Maßnahmen kritisiert hatte, verlor bei den deutschen Bundestagswahlen elf ihrer 94 Mandate, während die seuchenpolitisch vom Hardliner Karl Lauterbach repräsentierte SPD ebenso zulegte wie die regulierungsfreudigen Grünen. Nach Covid setzt jetzt der Krieg in Europa den populistischen Parteien zu, denn abgesehen von wenigen rühmlichen Ausnahmen wie Giorgia Melonis Fratelli d'Italia zeigen sie alle mehr Verständnis für Putin und seine imperialistische Aggression als ihre Wähler. Den Populisten droht der Populus allmählich abhanden zu kommen.

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