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Netflix will gegen geteilte Konten vorgehen - jetzt wirklich

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Netflix kämpft gegen rückläufige Nutzerzahlen. Die Anleger reagieren entsprechend enttäuscht, der Aktienkurs sinkt. Der Streaming-Anbieter will gegensteuern und zaubert eine alte Drohung aus dem Hut.

"Liebe ist, ein Passwort zu teilen", schrieb Netflix noch vor ein paar Jahren auf Twitter. Davon will der Streaming-Dienst heute nichts mehr wissen. Nach den katastrophalen Quartalszahlen zieht Netflix eine altbekannte Drohung aus dem Hut: Geteilten Accounts geht es jetzt aber wirklich an den Kragen. Denn mehr als 100 Millionen Haushalte - so die Schätzung des Anbieters - haben zwar Netflix, zahlen aber nicht dafür. Wie Netflix jetzt dem Account-Sharing den Stecker ziehen will.

Die Streaming-Welt ist hart umkämpft. Immer mehr Filmstudios und Unternehmen ziehen ihre eigenen Plattformen auf. Das hat zur Folge, dass Netflix zunehmend die Lizenzen für Serien und Filme verliert, wie zuletzt "Star Trek: Discovery", denn Paramount+ beanspruchte die Serie exklusiv für sich. Man braucht ja auch Alleinstellungsmerkmale, um Streaming-Kunden zu gewinnen. Warum also nicht bekannte Eigenproduktionen wieder zurückholen, um sie exklusiv anzubieten?

Unabhängig davon, dass es dieser Streaminganbieter-Wildwuchs für Nutzerinnen und Nutzer nahezu unmöglich macht, den Überblick zu behalten, steigen auch die Kosten. Denn sie sind zwar alle für sich gesehen relativ günstig, aber mit einem Streaming-Dienst findet man längst kein Auskommen mehr. Und so werden die Abbucher immer mehr: von Amazon Prime, Netflix hin zu Disney+ und Apple TV+. Um Kosten zu sparen, werden die teureren Konten abonniert, aber unter mehreren Familienmitgliedern oder Freunden aufgeteilt. Im Internet gibt es sogar Gruppen, in denen sich Unbekannte zu Netflix-Familien zusammenschließen.

Geteilte Konten verletzen die Nutzungsbedingungen

Rechtlich gesehen unterbinden das die Nutzungsbedingungen. Zwar ist es möglich, ein Abo abzuschließen, bei dem bis zu vier Geräte gleichzeitig streamen können. Aber hier hält Netflix ausdrücklich fest, dass diese sich im selben Haushalt befinden müssen: "Der Netflix-Dienst und sämtliche Inhalte, die über den Dienst angesehen werden, sind ausschließlich für Ihre persönliche und nicht kommerzielle Nutzung bestimmt und dürfen nicht mit Personen, die nicht im gleichen Haushalt leben, geteilt werden." Als Netflix noch jung am Markt war, freute man sich über jeden einzelnen neuen Abonnenten, erst recht, wenn sie sich für das teurere Modell entschieden. Man forcierte sogar das Teilen der Netflix-Zugänge auf Twitter.

Mit den erstmals rückläufigen Nutzerzahlen will Netflix jetzt tatsächlich hart durchgreifen. Doch die Ankündigung ist nicht neu: Als 2019 erstmals die Quartalszahlen stagnierende Nutzerzahlen offenlegten, hieß es plötzlich, dass man gegen die über mehrere Haushalte geteilten Konten vorgehen werde.

221,6 Millionen zahlende Abonnenten kann Netflix aktuell vorweisen. Mehr als 100 Millionen sollen den Dienst zwar nutzen, aber nicht dafür bezahlen. Wie der Streaming-Anbieter an diese Zahlen kommt, ist unklar. Laut Netflix nutzen allein in den USA und Kanada 30 Millionen Haushalte Netflix, ohne dafür zu bezahlen. Eine CNBC-Umfrage aus 2019 zeigte, dass sich 35 Prozent der Millennials in den USA einen Netflix-Account teilen. Jeder Zweite unter 21 hat eigentlich kein eigenes Abo. Aber auch die Älteren teilen gerne, wenn auch nur zwischen zehn und 20 Prozent. So komme es oftmals dazu, dass Kinder von zuhause ausziehen und weiterhin den Netflix-Zugang nutzen.

Netflix testet kostenpflichtige Zusatzpakete

Fest steht: Netflix verliert monatlich Hunderte Millionen Dollar durch diese geteilten Accounts. "Wir müssen einfach nur bis zu einem gewissen Grad dafür bezahlt werden", sagte Netflix-Gründer und CEO Reed Hastings, weswegen auch daran gearbeitet wird, eine Zusatzgebühr einzuführen. In Costa Rica, Peru und Chile, wo dieses System seit geraumer Zeit getestet wird, liegen diese Extrakosten bei zwei bis drei Euro pro Monat. Über den Hauptzugang können dann Profile angelegt werden, für jene, die sich nicht im selben Haushalt befinden.

Zudem gibt es für diese Sub-Konten eigene Zugangsdaten, die unabhängig vom Hauptkonto gelten. Das bestehende Profil soll dann leicht gesiedelt werden können, wodurch Präferenzen und Listen bestehen bleiben.

Bis diese neue Funktion tatsächlich weltweit im Einsatz sein soll, werde aber noch einige Zeit vergehen. Unklar bleibt, wie Netflix die Nutzerinnen und Nutzer überzeugen will, dieses kostenpflichtige Zusatzangebot tatsächlich zu nutzen. Selbst die Überprüfung stellt eine Herausforderung für die Anbieter dar, wie kürzlich auch der Anbieter Dazn feststellen musste.

Per Mail wurden einige Kunden darüber informiert, dass das Nutzungsverhalten "möglicherweise nicht mit unseren AGB übereinstimmt". Darin wurden sie aufgefordert, das Passwort zurückzusetzen, nachdem Dazn alle Geräte abgemeldet hatte. In einer Stellungnahme an den "Spiegel" erklärte das Unternehmen: "Wir haben einige Nutzer proaktiv kontaktiert, um sicherzustellen, dass ihre Kontodaten weiterhin sicher sind und nicht von anderen Personen unter Verstoß unserer Nutzungsbedingungen verwendet werden", heißt es darin.

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