Gericht

Medienmacher Wolfgang Fellner erneut wegen übler Nachrede verurteilt

Die Mediengruppe "Österreich" muss ihre Ex-Dienstnehmerinnen Wagner und Scharf mit je 10.000 Euro entschädigen. Das Urteil über die Klage Fellners gegen Tonaufnahmen Wagners ergeht schriftlich.

"Österreich"-Herausgeber Wolfgang Fellner ist am Mittwoch am Landesgericht für Strafsachen in Wien erneut wegen übler Nachrede verurteilt worden. Diesmal für einen Artikel, in dem er die von seinen Ex-Mitarbeiterinnen Raphaela Scharf und Katia Wagner gegen ihn vorgebrachten Vorwürfe der sexuellen Belästigung als "frei erfunden" bezeichnete. Allerdings muss nur die Mediengruppe "Österreich" die beiden Frauen mit je 10.000 Euro entschädigen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Gegenstand der Verhandlung war ein von Fellner selbst verfasster Artikel, der im Vorjahr in der Kaufzeitung "Österreich" und der Gratiszeitung "oe24" erschienen ist und mit dem er auf sexuelle Belästigungsvorwürfe mehrerer Frauen - die er vehement bestreitet - reagierte. Darin schreibt er, dass die von zwei Krone-TV-Moderatorinnen gegen ihn vorgebrachten Vorwürfe frei erfunden seien. Er sah Verleumdung und eine Rufmordkampagne gegeben, die den Erfolg des Unternehmens stoppen sollte.

Die gemeinten Krone-TV-Moderatorinnen Scharf und Wagner klagten Fellner daraufhin wegen übler Nachrede. Bei der Verhandlung am Mittwoch ließ sich der Beschuldigte von Anwalt Georg Zanger als Machthaber vertreten. In dieser Funktion sagte der Anwalt für Fellner aus, dass nach den öffentlichkeitswirksam gegen ihn vorgebrachten Vorwürfe der sexuellen Belästigung "nicht zart" mit ihm umgegangen worden sei. Die "Kronen Zeitung" habe etwa von ihm als "Mini-Weinstein" geschrieben und ihm damit gleichsam unterstellt, ein Vergewaltiger zu sein. Die Vorwürfe hätten unmöglich unbeantwortet bleiben können, der Artikel sei als "Retorsion" zu verstehen, so Zanger für Fellner. "Frei erfunden" sei dabei als "frei empfunden" gemeint. "Hätte ich Lüge sagen wollen, hätte ich Lüge gesagt." Dennoch würde er heute einen anderen Begriff wählen, sagte der Anwalt für den Medienmacher aus.

Geringere Geldstrafe und Veröffentlichung des Urteils

Der Richter sah mit dem Artikel "ganz klar" den Tatbestand der üblen Nachrede (Paragraf 111 Abs 1 und 2 StGB) verwirklicht und sprach Fellner schuldig. Da der "Österreich"-Herausgeber bereits im Februar rechtskräftig vom Oberlandesgericht (OLG) Wien wegen übler Nachrede in ähnlicher Angelegenheit zu einer teilbedingten Geldstrafe von 120.000 Euro verurteilt worden war, sah der Richter von einer Zusatzstrafe ab. Die Mediengruppe "Österreich" muss Scharf und Wagner für die Veröffentlichung des Artikel in "Österreich" und "oe24" mit jeweils 10.000 Euro entschädigen und das Urteil in den Medien veröffentlichen. Dieses ist allerdings nicht rechtskräftig, da die Anwälte beider Seiten keine Erklärung abgaben. Auch gegenüber der APA wollte sich Wolfgang Fellner nicht zu dem Urteil äußern.

In einer zweiten Verhandlung am Mittwoch trat Fellner als Kläger auf. Er ging am Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien gegen drei von Wagner geheim angefertigte Tonaufnahmen vor, durch die er sich in seinem Grundrecht auf Geheimhaltung verletzt sieht. Eine davon spielte eine maßgebliche Rolle für seine erste Verurteilung wegen übler Nachrede. Erst nachdem sie von Wagners Anwalt, Michael Rami, im November des Vorjahres vor Gericht ins Spiel gebracht wurde, gestand der Medienmacher, dass er ein von Wagner angefertigtes Gedächtnisprotokoll samt Belästigungsvorwürfen über ein Abendessen mit ihm gegenüber der Tageszeitung "Der Standard" fälschlicherweise als "frei erfunden" bezeichnet hatte.

In der Verhandlung gab Wagner an, die drei Aufnahmen aus 2015 aus "Dokumentationsgründen" gemacht zu haben, weil ihr sonst niemand die Vorwürfe sexueller Belästigung geglaubt hätte. Übermittelt habe sie die Tonaufnahmen nur an ihren Anwalt Rami, sie selber habe sie nicht mehr und habe auch "gar nichts" damit vor.

„Wie halb Österreich hatte ich Angst, dass er meine Karriere kaputt macht"

Der Anwalt Fellners, Georg Zanger, interessierte sich dafür, warum Wagner, wenn sie sich so belästigt gefühlt habe, in Chatverläufen etwa mit Herz-Emojis auf Nachrichten Fellners reagiert habe. Wagner gab dazu an, dass sie sich als 26-Jährige erst in die damalige Situation "hineinfinden" musste. Zunächst versuchte sie einen höflichen Ausweg aus der Situation zu finden. "Was antwortet man einem Vorgesetzten, der einem schreibt, man sei so geil, man sollte als Luxusgeisel genommen werden?", so Wagner. Später sei sie distanzierter aufgetreten.

Zanger bezweifelte das und brachte vor, dass Wagner auch Jahre später noch mit Fellner Nachrichten austauschte und ihm etwa schrieb, dass sie nun in die Sauna gehe oder sich mal wieder für ein Essen treffen sollten. Wagner meinte dazu, dass sie dachte, er habe sich geändert. Zudem wollte sie ein gutes Verhältnis zu jemanden aufbauen, der ein großes Medienunternehmen führt. "So wie halb Österreich hatte ich Angst, dass er meine Karriere kaputt macht, dass ich nirgends mehr unterkomme. Diese Angst habe ich heute nicht mehr", so Wagner.

Bei der anschließenden Befragung Fellners, gab dieser diesmal persönlich an, "nicht im Geringsten" das Gefühl zu haben, Wagner belästigt zu haben. Im Gegenteil sei sie aufdringlich gewesen, habe ihn mit Telefonanrufen nahezu bombardiert und mehrmals in ihre Wohnung eingeladen, was er jedoch ausgeschlagen habe. Überhaupt sei es "sehr eigenartig", dass "jemand der mir sexuelle Belästigung vorwirft, wieder eine Beziehung aufbauen wollte", so der "Österreich"-Herausgeber. Der Anwalt Wagners versuchte daraufhin, die Glaubwürdigkeit Fellners mit weiteren Chatauszügen infrage zu stellen.

Der Richter sah die Angelegenheit als spruchreif an. Das Urteil ergeht schriftlich.

(APA)

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