Ungewöhnlich viele Künstlerinnen sind vertreten, viele nationale Traditionen werden bei dieser 59. Ausgabe gebrochen. Wenig begeistert, wenig steht ästhetisch für sich. Aber die Poesie findet, wer sie sucht. Ab Samstag.
Eine Pyramide aus weißen Sandsäcken erhebt sich meterhoch in den Giardini der Biennale Venedig, umringt von den hier konzentrierten ältesten Länder-Pavillons dieser Minimundus-Abbildung der nationalen Weltordnung. Sofort erkennt man die Technik, die gerade zum Schutz von Monumenten in der Ukraine angewendet wird. Nur dass sie in Venedig, im Zentrum des exklusivsten Kunstrummelplatzes der Welt, gar nichts schützt, höchstens ein bisschen das Gewissen des Jetset-Publikums, das nach einjähriger Verschiebung der Kunstbiennale wieder in voller Schwarmstärke zu den Preview-Tagen in dieser Woche einfiel.
Vielleicht hat die außergewöhnlich langjährige Vorbereitungszeit die Biennale und die 80 Länderbeiträge etwas träge gemacht. Der Krieg scheint wie ausgeblendet. Erst im letzten Moment haben die Veranstalter der Ukraine diesen Platz in den Giardini eingeräumt, den „Piazza Ucraina“, auf dem sich um die Pyramide auf einer Holzarchitektur der Architektin Dana Kosmina ausgedruckte Bilder finden, die ukrainische Künstler teilweise direkt aus der Kriegszone geschickt haben. Der tatsächliche Pavillon der Ukraine befindet sich weiter weg, im Arsenale, wo, wie lang geplant, eine zeitlose Brunnenskulptur von Pavlo Makov Wasser über viele, ebenfalls pyramidal angeordnete Trichter von der Wand plätschern lässt. Oben kräftiger Strahl, kommen unten nur noch Tropfen heraus – von wegen Verteilungsgerechtigkeit.