Inseraten-Affäre: Opposition stellt Misstrauensantrag gegen Wallner

Kann sich der Landeshauptmann halten?
Kann sich der Landeshauptmann halten?(c) GIAN EHRENZELLER / Keystone / pi
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Die Turbulenzen rund um den Vorarlberger Wirtschaftsbund werden am Montag im Sonderlandtag diskutiert.

Die Oppositionsparteien im Vorarlberger Landtag stellen einen Misstrauensantrag gegen Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP). Es sei keine leichte Entscheidung gewesen, aber Wallner habe "den letzten Rest an Vertrauen verspielt", so die Klubobleute von FPÖ, SPÖ und Neos. Im für Montag einberufenen Sonderlandtag zu den Turbulenzen rund um den ÖVP-Wirtschaftsbund wird der Antrag nicht auf der Tagesordnung stehen. Denn dem müssten zwei Drittel der Abgeordneten zustimmen.

Da die ÖVP 17 der 36 Abgeordneten stellt, ist davon nicht auszugehen. Die Oppositionsparteien hatten bereits am Freitag den Rücktritt des Landeshauptmanns gefordert, Samstagfrüh kündigten sie nun an, am Montag einen Misstrauensantrag einzubringen. Wallner trage die Hauptverantwortung für den Skandal, hieß es. Die Vorwürfe auch gegen seine Person gingen in Richtung Korruption, er sei nicht mehr amtsfähig und müsse zurücktreten.

Die Klubobleute Christof Bitschi (FPÖ), Manuela Auer (SPÖ) und Sabine Scheffknecht (Neos) riefen die Grünen als Regierungspartner der ÖVP auf, den Misstrauensantrag mitzutragen. Selbst wenn die Grünen dem nachkämen, könnte es aber knapp werden: Für eine Annahme muss mehr als die Hälfte zustimmen. Der frühere SPÖ-Klubchef und jetzige fraktionslose Abgeordnete Thomas Hopfner kündigte gegenüber dem ORF an, nicht zuzustimmen. Wenn zusätzlich alle ÖVP-Mandatare hinter Wallner stehen, würde der Antrag nicht angenommen.

Jedenfalls ist am Montag im ersten Sonderlandtag in der Geschichte Vorarlbergs eine scharfe Auseinandersetzung über die Vorgänge um den Wirtschaftsbund zu erwarten.

Am Anfang stand eine Steuerprüfung

Diskutiert werden wird die Causa am Montag wohl in der ganzen Breite - sind mittlerweile doch über die Medien viele Einzelheiten bekannt geworden. Am Anfang stand eine Steuerprüfung des Wirtschaftsbunds, bei der es im Wesentlichen darum ging, ob der Wirtschaftsbund bei der Begleichung von Steuern die richtigen Zinssätze angewendet hat. Ebenso steht die Frage im Mittelpunkt, ob "innerparteiliche Zuwendungen" steuerpflichtig sind. Nach eigenen Angaben hat die ÖVP seit 2014 rund 900.000 Euro von ihrer Vorfeldorganisation erhalten. Das Finanzamt hingegen machte 1,5 Mio. Euro an Zuwendungen aus, was der Opposition die Zornesröte ins Gesicht trieb. Mit einem Abschluss der Steuerprüfung ist im Mai zu rechnen. Während der Wirtschaftsbund von einer Nachzahlung von im schlimmsten Fall rund 700.000 Euro ausgeht, könnte das Finanzamt laut den publik gewordenen Dokumenten auf 1,3 Mio. Euro bestehen.

Ein schiefes Licht warfen aber insbesondere auch andere Vorgänge innerhalb des Wirtschaftsbunds auf die Organisation. So wurde bekannt, dass der mittlerweile zurückgetretene Wirtschaftsbund-Direktor Jürgen Kessler vom Wirtschaftsbund offenbar ein zinsloses 250.000 Euro-Darlehen für ein Immobiliengeschäft erhalten hat. Für seinen Vorgänger Walter Natter könnten 24.000 Euro für eine Lebensversicherung bezahlt worden sein. Darüber hinaus gab es Barabhebungen ohne Belege: 5.000 Euro gingen zwischen 2016 und 2019 an den damaligen Wirtschaftslandesrat Karlheinz Rüdisser, 1.000 Euro an seinen Nachfolger Marco Tittler (beide ÖVP). Beide rechtfertigten die Zahlungen dahingehend, dass es sich um "Verfügungsmittel für Veranstaltungen" gehandelt habe. 4.500 Euro sollen an das Rote Kreuz gespendet worden sein, allerdings weiß das Rote Kreuz nichts davon. Wallner kündigte nicht zuletzt aufgrund dieser Vorgänge eine externe Prüfung des Wirtschaftsbunds an. "Es muss jetzt alles im Wirtschaftsbund durchleuchtet werden", stellte er am Freitag gegenüber den "Vorarlberger Nachrichten" fest.

Gegen den Landeshauptmann wurde noch vor dem Wochenende - in Form einer eidesstattlichen Erklärung, aber anonym - der Vorwurf laut, er habe bei einem Betriebsbesuch selbst um Inserate geworben und dafür politisches Entgegenkommen versprochen. Wallner wies diese Darstellung scharf als "glatte Lüge" zurück. "Ich bin kein Inseratenkeiler für den Wirtschaftsbund", betonte er. In den "Salzburger Nachrichten" wurde am Samstag eine eidesstattliche Erklärung des früheren Vorarlberger ÖGB-Chefs Norbert Loacker zitiert, der berichtete, er selbst sei von Wallner nie direkt auf Inserate in der Wirtschaftsbund-Zeitung angesprochen worden, aber er habe von anderen Unternehmern davon gehört, "dass auch er um Inserate wirbt".

Anschließend an den "VN"-Bericht vom Freitag erfolgte die Rücktrittsaufforderung an Wallner aus den Vorarlberger Oppositionsreihen. FPÖ, SPÖ und NEOS verlangten unabhängig voneinander Wallners Abgang als Regierungschef. "Aufgrund der bis jetzt insgesamt bekannt gewordenen Machenschaften ist ein Verbleib von Landeshauptmann Wallner in Wahrheit nicht mehr vorstellbar", sagte FPÖ-Obmann Christof Bitschi. Die SPÖ sah einen Rücktritt als "unumgänglich" an, NEOS-Parteichefin Sabine Scheffknecht forderte darüber hinaus auch den Rücktritt von Tittler.

(APA)

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