Song der Woche

Liebesgebot für Zwiderwurzen

Domino
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Erst hieß sie Fish, die Band Sorry aus dem Norden Londons, die ein bisschen wie die Pixies auf Britisch klingt. „925“ und „A Night at the Windmill“ heißen ihre beiden Alben.

Sorry: „There's So Many People That Want To Be Loved“. Das Gebot „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst“ sei „undurchführbar“, schrieb Sigmund Freud in „Unbehagen in der Kultur“: „Eine so großartige Inflation der Liebe kann nur deren Wert herabsetzen, nicht die Not beseitigen.“ Das ist im Grunde das Thema dieses Songs: Mit mädchenhafter, unaffektierter Stimme stellt die Sängerin erst zur schlichten Gitarre das Dilemma dar, im Refrain wird sie deutlicher, beschreibt die angeblich Liebenswerten, die komische Socken tragen, einsam wie Astronauten dreinschauen, im Club herumstehen, mit ihren Hunden auf Friedhöfen spazieren . . . Indessen klopft das Schlagzeug unwirsch, die E-Gitarre streut Bosheiten ein, ein Keyboard nervt, eine Geige heuchelt Mitgefühl. Am Ende bricht der Song abrupt ein, man hört noch die Sängerin, wie sie offenbar ihrem Lebensgefährten erklärt, dass er ihr auch auf die Nerven geht. Oder so. Nett.

Den Song der Woche küren allwöchentlich Thomas Kramar („Die Presse“) und Christoph Sepin (Radio FM4). Zu hören ist er am Sonntag zwischen 19 Uhr und 21 Uhr auf FM4. Weitere Infos auf www.diepresse.com/songderwoche und fm4.ORF.at.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.04.2022)

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