Solo-Harfenistin Anneleen Lenaerts und Tugan Sokhiev mit Glière und Tschaikowsky im Musikverein.
In Zeiten, in denen schweizerische Festivals aus tagespolitischer Verwirrung allen Ernstes Musik von Tschaikowsky aus ihrem Programm streichen, setzten die Wiener Philharmoniker in ihrem jüngsten Abonnementkonzert ein Zeichen und beließen das Programm, wie es angekündigt war. Die Vierte Symphonie des musikalischen russischen Nationalheiligen erklang unter der Leitung eines Dirigenten aus Nordossetien, den die Kriegsereignisse völlig aus der Karrierebahn geworfen haben: Tugan Sokhiev hat seine Chefposition am Moskauer Bolschoi-Theater ebenso aufgegeben wie jene im französischen Toulouse.
Die Wiener Philharmoniker aber halten ebenso zu ihm wie die Staatskapelle Dresden, die er soeben anlässlich der Salzburger Osterfestspiele geleitet hat. Dass die von einem unausweichlichen Schicksalsthema beherrschte Tschaikowsky-Symphonie diesmal weniger aufbegehrend-dramatisch als melancholisch-resignativ klang, schien unter den gegebenen Umständen verständlich. Aufhorchen ließ Sokhievs eigenwillige Tempodramaturgie im langsamen Satz mit einem ungewöhnlich rasch einsetzenden Gegenthema, von dem sich die Wiederkehr der elegischen Romanze besonders pittoresk absetzte.