Parlamentswahl

Slowenien: Eine grün-liberale Ohrfeige für Janez Janša

Eine Covid-Infektion verhindert Robert Golobs Anwesenheit bei der Wahlpartei seiner Freiheitsbewegung.
Eine Covid-Infektion verhindert Robert Golobs Anwesenheit bei der Wahlpartei seiner Freiheitsbewegung.REUTERS
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Die Regierungspartei des nationalkonservativen Janez Janša verliert bei der Wahl in Slowenien ersten Umfragen zufolge ihre Mehrheit. Die Freiheitsbewegung von Robert Golob kann einen deutlichen Walhsieg einfahren

Bei der slowenischen Parlamentswahl hat die neu gegründete Freiheitsbewegung (Gibanje svoboda) einen Erdrutschsieg errungen. Dies zeigt eine Nachwahlbefragung, die am Sonntagabend nach Wahlschluss vom Fernsehsender RTV Slovenija veröffentlicht wurde. Demnach erreichte die Bewegung des Ex-Topmanagers Robert Golob knapp 36 Prozent der Stimmen. Der konservative Demokratische Partei (SDS) von Premier Janez Janša landete mit weniger 23 Prozent abgeschlagen auf dem zweiten Platz.

SDS-Vizechef Aleš Hojs räumte unmittelbar nach Wahlschluss die Niederlage der bisher größten Parlamentspartei ein. "Wir müssen dem relativen Wahlsieger gratulieren", sagte Hojs. "Offenbar haben die Menschen wieder auf ein neues Gesicht gesetzt", sagte er mit Blick auf den erst im Jänner in die slowenische Politik eingestiegenen früheren Chef des größten slowenischen Stromversorgungsunternehmens Gen-I, Robert Golob. Dessen Stellvertreterin Marta Kos zeigte sich in einer ersten Reaktion "überrascht" von dem Ergebnis, das man in dieser Deutlichkeit nicht erwartet hatte.

Aus dem Kopf-an-Kopf-Rennen wurde nichts

Tatsächlich hatten auch die letzten vor dem Wahltag veröffentlichten Umfragen ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen der Freiheitsbewegung mit der SDS gezeigt. Laut der Nachwahlbefragung schafften nur noch drei weitere Parteien den Einzug ins Parlament, und zwar die bisher mitregierende christdemokratische Partei "Neues Slowenien" (NSi) mit 6,6 Prozent sowie die Sozialdemokraten mit 6,6 Prozent und die Linke mit 4,4 Prozent.

Weil mehrere weitere Parteien zum Teil knapp an der Vier-Prozent-Hürde scheiterten, könnte die Freiheitsbewegung auf 42 der 90 Mandate im neuen Parlament kommen. Damit würde ihr schon ein Koalitionspartner zur absoluten Mehrheit reichen. Seit Mitte der 1990er Jahre hat es in Slowenien keine Zwei-Parteien-Koalition mehr gegeben. Die SDS hat der Nachwahlbefragung zufolge 26 Mandate, NSi acht, SD sieben und die Linke fünf. Bisher waren im slowenischen Parlament neun Parteien vertreten. So flog etwa auch die bisher zweitstärkste Parlamentspartei, die Liste von Ex-Premier Marjan Šarec (LMŠ), aus der Volksvertretung, ebenso wie die Partei der liberalen Ex-Ministerpräsidentin Alenka Bratušek (SAB) - damit wird es auch nichts mit einem Mandat für die Ex-Neos-EU-Abgeordnete Angelika Mlinar, die auf Bratušeks Liste kandidiert hatte. Ebenfalls nicht im Parlament halten konnte sie die zweitstärkste bisherige Regierungspartei Konkretno von Vizepremier Zdravko Pocivalšek.

Zwischenfall am Wahltag

Für einen Zwischenfall am Wahltag sorgte eine Gruppe von Corona-Leugnern unter der Führung des Ex-Armeeoffiziers Ladislav Troha, die in den Sitz der staatlichen Wahlkommission eingedrungen war. Die Gruppe, die sich "Bewusste Bewohner Sloweniens" nennt, gab laut Medienberichten an, die Arbeit der Wahlkommission im Namen der Zivilgesellschaft überwachen zu wollen. Weil sie das Gebäude nicht verlassen wollte, wurde die Polizei eingeschaltet. Troha soll mit dem Coronavirus infiziert sein, berichteten die Medien. Dieselbe Gruppe war im vergangenen Herbst in das Gebäude des öffentlich-rechtlichen Fernsehens eingedrungen und musste aus dem Nachrichtenstudio von Polizei entfernt werden.

Vor vier Jahren war Janšas SDS klar stärkste Kraft geworden, zunächst aber von einer links-liberalen Koalition von der Macht ferngehalten worden. Erst Anfang 2020 gelang ihm ein Comeback. Seitdem hatte er mit Angriffen auf Medien und Justiz stark polarisiert, weswegen seine Gegner die Wahl zum Schicksalsentscheid für die slowenische Demokratie stilisierten und massiv mobilisierten. Tatsächlich lag die Wahlbeteiligung heuer deutlich höher als im Jahr 2018.

(APA/dpa/Red.)

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