Slowenien

Robert Golob: Der Ex-Strommanager, der Janša aus dem Amt verdrängt

Der Wahlsieger erscheint nur per Videostream - feiern kann der wohl künftige slowenische Premiereminister vorerst nur in Quarantäne.
Der Wahlsieger erscheint nur per Videostream - feiern kann der wohl künftige slowenische Premiereminister vorerst nur in Quarantäne.APA/AFP/JURE MAKOVEC
  • Drucken

Der 55-Jährige Energieexperte will einen grünen Wandel in Slowenien, gilt als grün-liberal. Seinen Erdrutschsieg hat er vor allem einen Anti-Janša-Votum zu verdanken.

Ein jubelnder Wahlsieger, der ein Bad in der Menschenmasse seiner Anhänger nimmt? Nicht für Robert Golob. Er erscheint mit Headset am großen Bildschirm. Der wohl künftige Premierminister Sloweniens muss am Tag seines größten politischen Coups von seinem Büro aus seinen Anhängern und Wählern danken. Corona-Quarantäne.

Noch vor wenigen Monaten wurde Golob in Slowenien landesweit nur mit Strom verbunden. Nun elektrisiert der frühere Chef des staatlichen Energiekonzerns Gen-I die slowenische Politik. Sein Erdrutschsieg bei der Parlamentswahl am Sonntag ist aber weniger dem Versprechen eines grünen Wandels zu verdanken als jener Person, dem die Slowenen nach einer autoritären Amtszeit wieder einmal die Rote Karte zeigen wollten, dem konservativen Regierungschef Janez Janša.

Tatsächlich hatte Golob mit seiner Freiheitsbewegung ("Gibanje svoboda") den Kampf um die slowenische Demokratie ins Zentrum gestellt. Perfekt assistierte ihm dabei ausgerechnet der jüngst massiv ins Fahrwasser Janšas geratene staatliche Fernsehsender RTV Slovenija. In der letzten TV-Konfrontation versuchte man ihn mit Fake News über ein angebliches Bankkonto in Rumänien aus der Fasson bringen, was den aus der westslowenischen Grenzstadt Nova Gorica stammenden Golob nur einen Lacher kostete. Wegen einer Coronainfektion nur per Video zugeschaltet, berichtete Golob stattdessen von seiner Wahltour im "Autobus der Freiheit". Die Bürger, denen er begegne, würden aus lauter Vorfreude auf den Wahlsonntag "schon tanzen".

Janša ist damit wieder an einem Newcomer gescheitert, den er zuvor aus einem Staatsunternehmen hat entfernen lassen. In seiner ersten Amtszeit hatte Janša im Jahr 2005 den Chef des Handelskonzerns Mercator, Zoran Jankovic, absetzen lassen, der sechs Jahre später den schon sicher scheinenden Wahlsieg Janšas vereitelte. Golob war erst im Herbst als Gen-I-Chef abgesetzt worden.

Klimagerechte Wirtschaftspolitik

Der langjährige Geschäftsmann gilt als einer der besten Energieexperten Sloweniens und hat sich eine klimagerechte Wirtschaftspolitik auf die Fahnen geschrieben. Die politische Bühne betrat er offiziell im Jänner, als er eine grüne Kleinpartei übernahm und sie zur Freiheitsbewegung ("Gibanje Svoboda") umtaufte.

Die neue politische Gruppierung schoss umgehend an die Spitze der Meinungsumfragen. Unter dem Wahlslogan „Freiheit" ("Svoboda") steht der politische Newcomer für eine "bessere Gesellschaft, in der sich alle frei und sicher fühlen werden", wie er in einem Interview für die Tageszeitung "Dnevnik" sagte. Mit Spannung wird erwartet, welcher europäischen Parteienfamilie - den Grünen oder den Liberalen - sich die Freiheitsbewegung anschließen wird. Die Europäischen Grünen gaben sich offen für eine Zusammenarbeit mit der Freiheitsbewegung. Es gebe "gute Kontakte, aber bisher noch keine offizielle Beitrittsanfrage“, sagte der Ko-Vorsitzende der Europäischen Grünen, Thomas Waitz am Montag. Golob hatte sich in der Vergangenheit bei Parteien engagiert, die den europäischen Liberalen angehören.

Golob kündigte im Wahlkampf einen "vollständigen Bruch" mit der jetzigen Regierung an, um in Slowenien wieder eine offene und demokratische Gesellschaft herzustellen. Das Erbe der Mitte-Rechts-Regierung will er in sechs Monaten nach der Wahl beseitigen und will auch mit keiner der bisherigen Koalitionsparteien kooperieren. Als seine natürlichen Partner bezeichnet er die links-liberalen Oppositionsparteien, die in den vergangenen zwei Jahren im Parlament eine Anti-Janša-Front bildeten. Dass nach ersten Ergebnissen nur zwei der vier Anti-Janša-Parteien den Wiedereinzug ins Parlament schaffen, dürfte Golob die Arbeit erleichtern. Schließlich war Janša in der abgelaufenen Legislaturperiode nur wegen der Zerstrittenheit des auf sechs Parlamentsparteien verteilten links-liberalen Lagers an die Macht gekommen.

Der Versuch einer Janša-Antithese

Golob gab sich sichtlich Mühe, sich als Gegenteil Janšas zu inszenieren. So lehnte er es ab, sich ein Twitter-Profil zuzulegen. "Twitter ist ein Spielzeug, auf dem manche Erwachsene - leider auch jene an der Macht - ihre Frustrationen ausleben", sagte er in einer TV-Debatte im Privatsender POP TV. Wenn man in einer Parallelwelt lebe, verliere man den Kontakt zur Realität, und dies sei auch dem aktuellen Regierungschef passiert, sagte Golob in Richtung des "Marschall Twito" genannten Janša.

Mit seiner wilden Lockenfrisur unterscheidet sich Golob auch deutlich von allen anderen Politikern. Sein Newcomer-Image darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass er politisch kein unbeschriebenes Blatt ist. So ist der promovierte Elektrotechniker schon seit 20 Jahren als Stadtrat in der westlichen Grenzstadt Nova Gorica tätig, seit 2006 mit einer eigenen Namensliste. In der Vergangenheit war er Vizechef der Partei Positives Slowenien (PS) von Zoran Jankovic, die 2011 die Parlamentswahl gewonnen hatte. Nach deren Spaltung wechselte er zur Partei von Ex-Ministerpräsidentin Alenka Bratušek, wo er ebenfalls als Vizechef (2014-16) fungierte. Unter der damaligen liberalen Regierung war Golob von 1999 bis 2002 Energie-Staatssekretär gewesen.

Als „Elektrooligarch“ diffamiert

Den Chefposten von Gen-I übernahm Golob im Jahr 2006, wobei er zunächst auch Minderheitseigentümer des Unternehmens war. Im Wahlkampf hielt ihm das Regierungslager sein hohes Managergehalt vor, Innenminister und SDS-Vizechef Aleš Hojs bezeichnete ihn gar als "Elektrooligarch". In der Wählergunst hat dies Golob aber offenbar nicht geschadet.

Als Regierungschef war er Medienberichten zufolge schon vor zehn Jahren im Gespräch, als Janšas zweite Regierung durch ein Misstrauensvotum gestürzt wurde. Dies bestätigte kürzlich der frühere PS-Chef und Laibacher Bürgermeister Jankovic. Golob sei damals die erste Wahl für den Premiersposten gewesen, doch habe er aus persönlichen Gründen abgelehnt, weswegen Bratušek zum Zuge kam. Seine zweite Chance hat er nun umso eindrucksvoller genutzt.

(APA/Nina M. Razboršek/Stefan Vospernik/Red.)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Archivbild von Robert Golob.
Parlamentswahl

Golob drückt in Slowenien aufs Tempo

Golob will neues Kabinett in weniger als einem Monat bilden. Zum Beginn wohl nur mit den Sozialdemokraten als Partner. Der künftige Premier will auch Personal aus den links-liberalen Parteien anwerben, die es nicht ins Parlament geschafft haben.
Eine Covid-Infektion verhindert Robert Golobs Anwesenheit bei der Wahlpartei seiner Freiheitsbewegung.
Parlamentswahl

Slowenien: Eine grün-liberale Ohrfeige für Janez Janša

Die Regierungspartei des nationalkonservativen Janez Janša verliert bei der Wahl in Slowenien ersten Umfragen zufolge ihre Mehrheit. Die Freiheitsbewegung von Robert Golob kann einen deutlichen Walhsieg einfahren
Der Manager Robert Golob hat gute Chancen, nächster Premier zu werden.
Slowenien

Der Mann, der Janez Janša von der Macht verdrängen will

Premier Janez Janša droht bei der Parlamentswahl selbst beim Sieg seiner SDS wegen Partnermangels die Abwahl. Doch gelaufen ist das Rennen für seinen Rivalen Robert Golob noch nicht.
Vorteilsannahme

Nacht in Luxushotel: Sloweniens Landwirtschaftsminister tritt zurück

Jože Podgoršek übernachtete in einem Hotel, das einem Geschäftsmann gehört, der von Podgoršeks Entscheidungen profitiert haben könnte. In vier Tagen wird in Slowenien ein neues Parlament gewählt.
Archivbild von 2014: Angelika Mlinar
Wahl

Ex-Neos-Abgeordnete Mlinar kandidiert für Sloweniens Parlament

Nach der Europawahl 2019 kandidiert die Kärntner Slowenin am kommenden Sonntag das zweite Mal für die liberale "Partei von Alenka Bratušek". Und will "demokratische Veränderungen" schaffen.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.