EU-Binnengrenze

Deutschland hat Grenzkontrollen zu Österreich verlängert

Die deutsche Innenministerin wendet sich per Brief an die EU-Kommission. Deutschland will die Grenzkontrollen wegen "Migrationsgeschehen“ bis November aufrechterhalten.

Die deutsche Innenministerin Nancy Faeser hat die Kontrollen an der Grenze zu Österreich um weitere sechs Monate verlängert. Ein entsprechendes Schreiben an die EU-Kommission sei bereits am 14. April verschickt worden, teilte ein Sprecher des Innenministeriums der Deutschen Presse-Agentur am Mittwoch mit. Begründet wurde die Verlängerung bis November mit dem Migrationsgeschehen an diesem Grenzabschnitt. Die Grenzkontrollen in Österreich waren laut EuGH teils nicht rechtmäßig.

Eigentlich gibt es im Schengen-Raum, dem 26 europäische Länder angehören, keine stationären Personenkontrollen an den Grenzen. In den vergangenen Jahren hatten aber mehrere Staaten eine Ausnahmeregelung genutzt und wieder teilweise Grenzkontrollen eingeführt. Deutschland kontrolliert seit Herbst 2015 in Bayern an der Grenze zu Österreich, nachdem sich Zehntausende Flüchtlinge und andere Migranten von Griechenland über die Balkan-Route auf den Weg nach Westeuropa gemacht hatten.

Gerichtsurteil ausständig

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte am Dienstag geurteilt, dass die Grenzkontrollen in Österreich offenbar seit 2017 nicht mehr rechtmäßig waren. Grenzkontrollen sind nur im Fall einer ernsthaften Bedrohung der öffentlichen Ordnung oder inneren Sicherheit für maximal sechs Monate erlaubt, so der EuGH. Danach brauche es den Nachweis einer neuen ernsthaften Bedrohung. Österreich scheine dies seit 2017 nicht nachgewiesen zu haben. Eine abschließende Entscheidung liegt beim zuständigen Gericht in Österreich. Aus dem deutschen Innenministerium hieß es am Dienstag auf Nachfrage, mögliche Auswirkungen des Urteils für Deutschland würden noch geprüft.

Die deutschen Grünen sehen die Fortsetzung der Grenzkontrollen skeptisch. Der deutsche Grünen-Innenpolitiker Marcel Emmerich etwa forderte Innenministerin Faeser (SPD) auf, ihre Entscheidung - auch im Lichte der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes - zu revidieren. "Nach dem klaren Urteil von gestern ist das rechtlich nicht haltbar und würde die Politik Seehofers weiterführen", sagte der Bundestagsabgeordnete. "Ein Ende der Grenzkontrollen ist nach fünf Jahren also rechtlich und politisch geboten."

Grünen-Kritik: „Kontrollen seit 2235 Tagen rechtswidrig"

Der Grünen-Abgeordnete im bayerischen Landtag, Toni Schuberl, klagt derzeit am Bayerischen Verwaltungsgerichtshof gegen die Kontrollen an der Grenze zu Österreich. "Die Kontrollen bestehen nun seit 2416 Tagen, sie sind also seit 2235 Tagen rechtswidrig und dürfen keinen Tag länger bestehen bleiben", sagte Schuberl der Deutschen Presse-Agentur in München. Das Verfahren von Schuberl ist seit längerem beim Verwaltungsgerichtshof anhängig. Wann hier mit einer Entscheidung zu rechnen ist, ist unklar.

Auch die Gewerkschaft der deutschen Polizei hält dauerhafte EU-Binnengrenzkontrollen zur Bekämpfung von Schlepperkriminalität und irregulärer Migration an der bayerisch-österreichischen Grenze nicht für sinnvoll. Schon jetzt sei sichtbar, dass sich die Schlepper auf die Situation eingestellt hätten und inzwischen neue Routen nach Deutschland nutzten, sagte Andreas Roßkopf, Vorsitzender des GdP-Bezirks Bundespolizei, am Mittwoch in Berlin. Begrüßt wurde die Verlängerung der Kontrollen dagegen von der Union.

(APA/dpa)

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