Interview

Es braucht familienfreundlichere Arbeitszeiten

(c) The Ritz-Carlton, Vienna
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Jürgen Ammerstorfer, General Manager The Ritz-Carlton, Vienna, sieht Unternehmerinnen auch in der Hotellerie klar auf der Überholspur, aber manche Rahmenbedingungen müssen sich anpassen.

Jürgen Ammerstorfer leitet seit Juli 2020 das Wiener Luxushotel The Ritz-Carlton, Vienna. Der gebürtige Linzer absolvierte das Modul in Wien. Als Hoteldirektor beobachtet er die starken Lebenszeichen der Unternehmerinnen in der Branche.

Information

The Ritz-Carlton unterstützt erneut den Unternehmerinnen-Award. Inwiefern spüren Sie, dass diese Auszeichnung bei Diversität und Chancengleichheit Wirkung zeigt?
Jürgen Ammerstorfer: Die zunehmende mediale Präsenz und Wahrnehmung von Themen wie Diversität und Chancengleichheit spüren wir durchaus in unserem Haus. Die immer noch zunehmende Vielfalt unserer Mitarbeiter*innen, Partner*innen und Bewerber*innen repräsentiert die Vielfalt unserer Gesellschaft und unserer Gäste und fördert das gegenseitige Verständnis und die Zusammenarbeit auf sehr positive Weise.

In der Hotellerie sind Frauen als Unternehmerinnen schon lange präsent. Was macht Ihrer Meinung nach den Reiz dieser Branche aus, dass sich gerade so viele Frauen angesprochen und hingezogen fühlen?
Jede*r einzelne Mitarbeiter*in hat seine/ihre eigenen Beweggründe und Motivationen, innerhalb der Hotellerie erfolgreich zu sein. Frauen haben meiner Einschätzung nach und allgemein gesprochen ihre ganz eigenen Qualitäten, mit denen sie in Führungspositionen überzeugen. In vielen Situationen empfinde ich sie als kommunikationsstärker, einfühlsamer und mit einem besonderen Auge für Details. All das sind Eigenschaften, die in unserer Branche eine zentrale Relevanz haben.

Andererseits hat die Hotellerie während der Coronapandemie stark gelitten. Wie kann man verhindern, dass dieser Dämpfer dazu führt, dass sich angehende Unternehmerinnen branchenmäßig eher umorientieren?
Der Fachkräftemangel in der Hotellerie ist durch die Pandemie zu einer noch größeren Herausforderung gewachsen. Wir müssen hier attraktiver werden und zum Beispiel verschiedene Arbeitszeitmodelle durchdenken. Für manche Mitarbeiter* innen kann eventuell eine 4-Tage- Woche durchaus attraktiv sein; für andere sind die unterschiedlichsten ‚Soft Benefits‘ ausschlaggebend. Es ist wichtig, als Arbeitgeber diese unterschiedlichen Bedürfnisse zu kennen und ihnen gerecht zu werden.

Die Digitalisierung erfasst auch die Hotellerie. Sehen Sie in dieser Entwicklung Möglichkeiten zu mehr Diversität und Chancengleichheit?
Wie in anderen Branchen auch, hat die Digitalisierung und Virtualisierung der Arbeitswelt und die demografische Veränderung unseren Arbeitsmarkt stark verändert. Hier ergeben sich neue Möglichkeiten, potentielle Kandidatinnen zu erreichen und anzusprechen; sei es auf den diversen Onlineplattformen oder über Social-Media-Kanäle und entsprechende Kampagnen wie zum Beispiel die Initiative www. tophotels.wien, in der wir auch sehr stark die Diversität und Chancengleichheit in der Hotellerie thematisieren und visualisieren.

Was unternimmt The Ritz-Carlton konkret, um Diversität zu fördern? Frauen in Führungspositionen sind – neben der gesellschaftlichen Notwendigkeit – ein essenzieller Bestandteil und von entscheidender Bedeutung für den Erfolg unseres Hauses, der Marke The Ritz- Carlton und von Marriott Intl. Im Zuge dessen haben wir Richtlinien und -praktiken eingeführt, um unser Engagement für die Gewinnung, Förderung und Bindung weiblicher Führungskräfte sicherzustellen und zu demonstrieren. Dadurch wollen wir ein einladendes, integratives Umfeld schaffen und gleichzeitig Tools und Ressourcen bereitstellen, die sich positiv auf die Bewältigung ihres Arbeits – und Privatlebens auswirken.

Wo sehen Sie derzeit noch die größte Schwachstelle bei der Chancengleichheit in der Hotellerie?
Die Arbeitszeiten in der Hotellerie und Gastronomie sind zugegebenermaßen in manchen Bereichen oft nicht sehr familienfreundlich. Dass diesbezüglich in manchen Betrieben noch Nachholbedarf herrscht, Arbeit und Familie unter einen Hut zu bringen, ist unbestritten. Für mich ist allerdings ebenfalls klar: Frauen in Managementpositionen, die diese bestehenden Strukturen hinterfragen, neue Akzente setzen und mithelfen, nicht mehr zeitgemäße Standards zu überarbeiten, verleihen der Branche ein neues Gesicht und Potenzial.
Eine Medienkooperation von der „Presse“ mit Frau in der Wirtschaft (FiW) und finanzieller Unterstützung von DORDA Rechtsanwälte GmbH und Wiener Städtische Versicherung.

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