Tiroler Aufdecker Markus Wilhelm stellt seinen Blog ein

Er sehe sich nicht als Journalist, sagte Wilhelm, deckte aber mit seiner publizistischen Arbeit Misstände auf. "dietiwag.org“ soll nun Geschichte sein.

"Der Herr von der Strabag wollte im Frühjahr 2018 kurzen Prozess mit mir machen. Es ist ein sehr langer geworden. Und er hat ihn verloren. Jetzt endgültig." So beginnt der Blogeintrag von Blogger Markus Wilhelm zum Rechtsstreit mit dem Industriellen Hans Peter Haselsteiner. Es soll sein letzter auf dem Blog "dietiwag.org" sein, wie er schreibt: Die Causa um die Tiroler Festspiele Erl sei "ein sehr gelungener Abschluss für die Arbeit an der tiwag.org".

Zum Hintergrund: Wilhelm hatte im Februar 2018 auf seinem Blog erläutert, dass bei den Festspielen Erl der Verdacht auf Lohndumping, Lohnwucher, Scheinselbstständigkeit oder Abgabenhinterziehung bestehe. Das brachte die Causa Erl ins Rollen und dessen künstlerischen Leiter Gustav Kuhn zu Fall. Nun hat nach langer Zeit der Rechtsstreit zwischen Wilhelm und Festspielpräsident und Finanzier Haselsteiner also ein juristisches Ende gefunden. Die Berufung der letzten von insgesamt 18 Klagen wurde abgewiesen.

Das Gericht befand, dass Wilhelm seine Vorwürfe zu Recht erhoben hatte und ein besonderes öffentliches Interesse vorliege. Eine durch "umfangreiche Quellen recherchierte Verdachtslage" habe vorgelegen, "die die öffentliche Berichterstattung unter Beachtung der verfassungsrechtlich garantierten Meinungsfreiheit rechtfertigt", hieß es weiter. Das Gericht vertrat die Ansicht, dass Wilhelm die journalistische Sorgfaltspflicht eingehalten hatte.

Ist Wilhelm ein Journalist?

Als Journalist sehe er sich nicht, hatte der Aufdecker 2019 geschrieben. "Sondern als politischen Aktivisten, der halt schreibt." Es war das Jahr, in dem der Journalisten Club ihm für seine publizistische Arbeit den Prof.-Claus-Gatterer-Preis zuerkennen wollte.

Was Wilhelm nicht wollte - und "ein großes Missverständnis" nannte. Mit dem Club wollte er ohnehin nichts zu tun haben, legte wenig später auch hier eine Recherche zu sehr fragwürdigen Praktiken vor. Was letztendlich dazu führte, dass ein neuer Gatterer-Preis ausgelobt wurde.

Der Aufdecker betrieb seinen Blog seit 2004, er deckte in dieser Zeit viele Missstände auf, war aber auch vor "dietiwag.org“ schon publizistisch aktiv. Geld hatte er damit nie verdient, berichtet der "Standard". Man wird sehen, inwieweit Wilhelm seine Arbeit weiter betreibt.

(rovi)

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