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Luxus zur Miete: Auf der Suche nach edlem Wohnraum

Luxuswohnung in der Wiener Schellinggasse.
Luxuswohnung in der Wiener Schellinggasse. Penthouse Holding
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Vermögende Ukrainer und auch Russen treffen bei der Immobiliensuche auf Expats und Botschaftsangehörige.

Es ist noch kein Jahr her, dass den Vermietern von luxuriösen Wohnungen nur blieb, auf bessere Zeiten zu hoffen. Teure Mietquadratmeter gab es jede Menge, Expats und Botschaftsangehörige, die zu den klassischen Bewohnern dieser Wohnungen gehören, waren dagegen coronabedingt Mangelware. Wenn man sich heute auf dem Markt der teuren Mietobjekte umschaut, sind die Gebete der Vermieter erhört worden – auch wenn sich vor einem Jahr noch niemand hätte vorstellen können, welch traurigen Grund es für den Wechsel vom Mieter- zu einem absoluten Vermietermarkt geben würde. Und wohl niemand darauf gehofft hat.

„Komplett ausgeräumt“

Dieser liegt nämlich im Krieg in der Ukraine, den vielen Menschen, die vor den russischen Angriffen fliehen – und selbst mit großen bis sehr großen Budgets derzeit keine Wohnungen finden.

„Wir haben im Moment sehr viel Nachfrage aus der Ukraine“, berichtet etwa Robin Kalandra, Geschäftsführer des gleichnamigen Familienunternehmens. „Besonders auf dem möblierten Markt spüren wir das, da könnten die großen Anbieter dreimal so viel vermieten, sie halten die Preise aber konstant“, zollt er jenen Vermietern Respekt, die jetzt nach zwei Jahren Dürre für ihr Ausharren belohnt werden. „Auch bei Häusern gibt es große Nachfrage.“

Elisabeth Rohr, Inhaberin von Rohr Real Estate, erlebt teils dramatische Wohnungsuchen von Ukrainern. „Man muss es wirklich so sagen: Wir sind komplett ausgeräumt, was diese Wohnungen angeht“, berichtet sie. Fünf bis sechs Anrufe von Betroffenen am Tag seien zurzeit Realität. „Erst heute stand wieder ein junger Ukrainer bei uns im Büro, der mit seiner Familie samt fünf Monate altem Baby geflüchtet ist und jetzt die Makler abklappert“, erzählt sie.

Bei den Vermietern stoßen die Bedürfnisse der potenziellen Mieter aus der Ukraine auf gemischte Gefühle. Einerseits will man helfen, andererseits keine Probleme bekommen. Wobei die Sorge um den Mietzins selbst gar nicht so sehr im Vordergrund steht, wie Kalandra berichtet. „Natürlich stellt sich die Frage, wie diese Mieter ihr Vermögen darstellen können, aber das ist meist über Schweizer Konten, Anteile an EU-Firmen oder Barzahlungen lösbar.“

Mietdauer problematisch

Die Probleme liegen vielmehr in der Mietdauer, die bei Luxusobjekten eine besondere Rolle spielt. „Jeder Vermieter sucht langfristige Mieter, damit er planen kann“, sagt 3SI-Geschäftsführer Michael Schmidt. „Wenn ich nach einem Jahr eine solche Wohnung wieder für den nächsten Mieter herrichten muss, ist meine Rendite aufgefressen.“ Denn in Luxuswohnungen um vier-, fünf- oder gar zehntausend Euro pro Monat erwarten sich Mieter naturgemäß eine neuwertige Qualitätsküche und ebensolche Bad-Designs – was bei zu kurzen Mietverträgen unschön zu Buche schlägt. Die meisten Menschen, die derzeit aus der Ukraine geflüchtet sind, suchen aber Objekte für höchstens ein Jahr – in der Hoffnung, nach dieser Zeit wieder in ihre Heimat zurückkehren zu können.

Was auch rechtlich ein Problem ist, denn Vermieter in Österreich müssen mindestens ein, wenn nicht drei Jahre anbieten, plus eine dreimonatige Kündigungsfrist, so Kalandra. „Aus diesen Gründen stehen die Vermieter teilweise auf der Bremse, weil sie nicht urplötzlich in einem oder anderthalb Jahren auf einen Schlag in allen Wohnungen Leerstand haben wollen“, kennt Rohr die – durchaus nachvollziehbaren – Beweggründe aus österreichischer Sicht. Auf der anderen Seite kennt die Maklerin aber auch die Hilfsbereitschaft der Vermieter gegenüber jenen Mietern, die durch den Krieg in Wien in Schwierigkeiten geraten sind. Dazu gehören auch russische Staatsangehörige, die derzeit ebenfalls verstärkt Mietobjekte für ihre Familienangehörigen suchen. „In einem konkreten Fall hatte ich eine Wohnung an einen jungen russischen Studenten in Wien vermittelt“, berichtet Rohr. Eine Situation, in der es üblich ist, dass die Eltern die Miete jeweils sechs Monate im Vorhinein begleichen. Da das mit dem Beginn des Krieges und dem Einstellen des Zahlungsverkehrs von heute auf morgen nicht mehr möglich war, blieb der junge Mann ohne finanzielle Mittel in Wien zurück. „Die Vermieterin hat sich dann entschieden, den Mieter weiterhin in der Wohnung wohnen zu lassen“, erzählt Rohr, „zumal er ihr wahnsinnig leid getan hat, da er als Russe auch extrem gemobbt wurde.“ Inzwischen habe sich das Problem lösen lassen – zumindest, was die Miete angeht.

Neben den Betroffenen des Krieges drängen jetzt aber auch Firmen- und Botschaftsangehörige wieder auf den Markt, was wiederum die Relocation-Services, die für diese Wohnungen finden und Übersiedlungen organisieren sollen, vor große Probleme stellt.

Markt hat sich gedreht

„Während Corona wurden nur die ganz teuren Mietwohnungen an der Spitze nachgefragt, aber im Segment ab 2000 oder 3000 Euro im Monat war Ruhe“, berichtet Kalandra. Jetzt habe sich die Situation gedreht, gesucht würden vor allem Wohnungen in der Nähe internationaler Schulen.

Davon abgesehen stehen auf den Wunschlisten der Mieter die gleichen Ausstattungsmerkmale wie auf jenen potenzieller Käufer, wie Schmidt berichtet: „Das fängt bei der Raumaufteilung an, außerdem sind die Fassade und das Entree extrem wichtig“, so der Makler. Auch ein Lift, der groß genug für einen Kinderwagen ist, bringt Pluspunkte, und eine Alarmanlage gehöre inzwischen zum Standard. Außerdem seien Concierge-Services gefragt, vor allem jene, die nur bei Bedarf in Anspruch genommen werden können und sich entsprechend weniger auf die Betriebskosten niederschlagen.

Bei der Ausstattung sei in den vergangenen Jahren ein Trend zu teuren Markenprodukten zu beobachten, weiß Rohr. „Dazu gehören etwa Bulthaup-Küchen und Gaggenau- oder Miele-Geräte, die in den Exposés immer wieder vorkommen und fast schon wie ein Code sind“, so die Maklerin. Wenn diese Details stimmen, gingen derzeit auch unpraktische, aber schöne Wohnungen für über 4000 Euro pro Monat bei der ersten oder zweiten Besichtigung weg; besonders geschmackvolle auch für 5500 Euro. (SMA)

AUF EINEN BLICK

Der Luxus-Mietmarkt in Wien hat sich in einem Jahr von einem absoluten Mieter- zu einem absoluten Vermietermarkt gedreht. Der Grund dafür liegt einerseits in der Nachfrage zahlreicher vermögender Ukrainer und auch Russen, die ihre Familien in Sicherheit bringen wollen. Daneben sind nach der Entspannung der Coronakrise viele Expats und Botschaftsangehörige zurückgekehrt. Sorgen bereitet den Vermietern jedoch die Mietdauer.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.04.2022)

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