Sozialwissenschaften

Ein Stimmungsbarometer für die Energieforschung

Wie denkt die österreichische Bevölkerung über Energieforschung? Und wie die Unternehmen? Das hat der Klima- und Energiefonds erstmals erheben lassen. Der Fragebogen wirkte zugleich als pädagogisches Instrument: Die Sicht war am Ende positiver als zu Beginn.

Es ist noch Luft nach oben. Das ist der Sukkus aus der im Auftrag des Klima- und Energiefonds (Klien) durchgeführten Studie zur Wahrnehmung der Energieforschung in Österreich. Nur 23 Prozent der mehr als 500 repräsentativ ausgewählten Befragten in der Allgemeinbevölkerung gaben an, sich schon zuvor stark mit dem Thema befasst zu haben. Das vor allem, wenn sie über eine Matura oder höheres Einkommen verfügten, über 50 Jahre alt waren oder im Osten des Landes wohnten. Immerhin: Bei den 67 kontaktierten Unternehmen lag der Anteil mit 84 Prozent deutlich höher.

Was fällt bei den Ergebnissen der im Oktober 2021 durchgeführten Befragung sonst noch auf? Über 50-Jährige beurteilten Energieforschung generell positiver, Unter 30-Jährige waren deutlich kritischer. Es zeigten sich auch Geschlechterunterschiede: Männer sehen bei zahlreichen Aspekten mehr Nutzen als Frauen. Diese scheinen sich zu 36 Prozent aber stärker mit dem Thema Energieforschung zu identifizieren als Männer (23 Prozent). Wie passt das zusammen? Männer würden sich eben in der Praxis noch immer mehr mit Energiefragen befassen, sagt Sozialwissenschaftlerin Anna Brandstätter, Projektleiterin beim Marktforschungsunternehmen Marketmind, einem Spin-off der WU Wien. Etwa, indem sie sich um die Fotovoltaikanlage auf dem Hausdach kümmern.

Klimaneutralität 2040 nicht erreichbar?

Den Nutzen der Energieforschung sieht man in der breiten Bevölkerung v. a. im positiven Beitrag für den Klimaschutz (83 Prozent; siehe Grafik). 81 Prozent erkannten ihn im Abtausch von fossilen durch erneuerbare Energien, 80 Prozent darin, die Versorgungssicherheit zu erhöhen und die Abhängigkeit von Energieimporten zu reduzieren. Für 79 Prozent ist Energieforschung wichtig für Österreich und für die technologische Souveränität Europas, für ebenso viele geht es vor allem um Maßnahmen zur Reduktion des Energieverbrauchs. Bei den Firmen zeigt sich ein etwas anderes Bild: Am wichtigsten war dort die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit österreichischer Unternehmen durch Energieforschung (96 Prozent), gefolgt vom Abtausch fossiler durch erneuerbare Energien (93 Prozent) und von der Bedeutung für Österreich bzw. die technologische Souveränität Europas (91 Prozent). Dahinter folgten eine Beschleunigung der Energie- und Mobilitätswende (90 Prozent) und – ex aequo – die Schaffung von Exportmöglichkeiten für österreichische Unternehmen. Alarmierend: Jedes achte Unternehmen war der Meinung, dass das Ziel der Klimaneutralität Österreichs 2040 mit dem aktuellen Stand der Technik nicht erreichbar ist.

In beiden Zielgruppen verbesserte sich der Eindruck von der Klimaforschung im Zuge der Befragung: bei Firmen um sechs, bei der Allgemeinbevölkerung um zehn Prozent. Man habe nicht nur das Stimmungsbild erhoben, sondern zugleich auch den Fragebogen zur Aufklärungsarbeit genutzt, so Brandstätter: „Eine charmante Chance, die Menschen durch Aufklärung gleich als Multiplikatoren zu gewinnen.“ Beim Klien will man nun noch gezielter kommunizieren: „Wir werden da ansetzen, wo Informationsdefizite herrschen“, sagt dessen Sprecherin Katja Hoyer.

Immerhin bekundeten 47 Prozent der Befragten in der Allgemeinbevölkerung und 91 Prozent in Firmen, mehr über Energieforschung erfahren zu wollen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.04.2022)

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