Gastkommentar

Sie sollen arbeiten und schweigen

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Die Stadt und der Tod. Wie Michael Ludwig die Kultur in Wien nach Corona beleben will, wen er an die Almosentöpfe lässt und wen nicht.

Man kann Bürgermeister Ludwig nicht attestieren, dass er seit seinem Amtsantritt sonderlich viel richtig gemacht hätte. Zwar loben ihn einige Medien für den härtesten Corona-Kurs des Kontinents, doch werden die zahlreichen Kollateralschäden dieses rigiden Regimes erst vollständig sichtbar werden, wenn sich die Nebel des permanenten Ausnahmezustands verzogen haben. Schon jetzt weiß man, dass jedes fünfte Hotel in Wien nicht überlebt hat, dass etliche Gastronomie- und Kulturbetriebe für immer schließen mussten, dass der Einzelhandel verheerende Verluste einfuhr, dass Pädagogen, aber auch im Supermarkt Beschäftigte und Pflegekräfte weit über die Grenzen ihrer Belastbarkeit hinaus gefordert wurden, und all das dürfte nur die Spitze des Eisbergs sein. Zur – vorgeblichen – Verhinderung physischer Tode geht Bürgermeister Ludwig eben über ökonomische Leichen.

Der Autor

Prof. Dr. Andreas Pittler (*1964) hat bisher 61 Romane und Sachbücher veröffentlicht, einige davon wurden in acht Sprachen übersetzt. Zuletzt erschienen ist: „Vienna Dschihad“ (Echomedia 2021).

Der Künstler, ein Bittsteller

Besonders hart hat es die Kultur erwischt, was umso befremdlicher anmutet, als sich die Fremdenverkehrswerbung Wiens seit Urzeiten dessen rühmt, die Stadt der Kultur zu repräsentieren. Doch seit März 2020 ist es vorbei mit Kammerkonzerten, Lesungen, freier Theaterszene. Wie einstens unter den protestantischen Taliban eines Jean Calvin sollen die Wienerinnen und Wiener unter Michael Ludwig arbeiten und schweigen. Wer da vielleicht ein lustig Liedlein auf den Lippen führt, der ist zwar nicht mehr der Gotteslästerung verdächtig, aber jedenfalls ein Gefährder, ein Maßnahmenkritiker, ein Aluhut-Träger.

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