Das russische Heer entführt vor allem in den besetzten Gebieten der Ukraine Menschen, um Geld und Informationen zu erpressen – und den Willen der Bevölkerung zu brechen. Auch Katerynas Vater verschwand spurlos.
Melitopol, im Süden der Ukraine, nur eine Autostunde von der Schwarzmeerküste entfernt, fiel wenige Tage nach Kriegsbeginn (24. Februar) an einem Wochenende. Als die russischen Streitkräfte Ende Februar das Land überfielen, erwarteten sie vermutlich ein Melitopol nach dem anderen: Sie nahmen an, den ukrainischen Widerstand überall rasch brechen und die Städte direkt einnehmen zu können. War Melitopol nach russischer Lesart die erste große ukrainische Stadt, die erobert wurde – und sie ist noch immer russisch besetzt –, so bleibt sie doch ein Stachel im Fleisch der Russen. Sie ist eine Eroberung, aber auch ein Symbol des russischen Scheiterns: Die Bevölkerung zeigt kein Interesse, sich unterzuordnen.
Was folgte, ist die „Logik des Terrors“, wie die Anwältin und Menschenrechtlerin Oleksandra Matviichuk sagt. Das Regieren mit der Angst. Mit Repressionen. Gewalt. Entführungen.